Kurier (Samstag)

Im virtuellen Wohlfühl-Garten

In „Garden Life“, das in Innsbruck entwickelt wurde, kann man nach einem anstrengen­den Tag entspannen und seiner Kreativitä­t beim Pflanzen von Rosen, Tulpen und Narzissen freien Lauf lassen

- VON FRANZISKA BECHTOLD

Der Bus setzt mich vor dem Garten ab. Heute regnet es, deswegen muss ich nicht gießen. Im Herbst regnet es wieder häufiger, nachdem der Sommer sehr heiß war. Im Briefkaste­n vor dem Gartentor sind Anfragen von Menschen aus dem Dorf. Marcus möchte einen Strauß gelber Jasmin für seine Freundin, daher sollte ich noch ein paar Pflanzen setzen. Erstmal gehe ich aber eine Runde, um zu kontrollie­ren, dass es keinen Ungeziefer­befall gibt und nicht zu viel Unkraut wuchert. Um eine Sonnenblum­e kreisen die Insekten, also wird sie eingesprüh­t. Mit der Gartensche­re werden schnell ein paar weiße Rosen abgezwickt und zu einem Strauß gebunden, der später auf dem Markt verkauft werden kann.

Das könnte die Beschreibu­ng eines normalen Tages in einer zugegeben sehr entschleun­igten Gesellscha­ft sein. Sie stammt aber aus dem Spiel „Garden Life“des Innsbrucke­r Entwickler­studios Stillalive. Mit ihrem „Bus Simulator“haben sich die Österreich­er in den vergangene­n Jahren einen Namen gemacht. Nun nutzen sie diese Erfahrung, um auf den „Cozy Games“-Trend aufzusprin­gen, der gerade einen Aufschwung erlebt. Diese Wohlfühl-Spiele haben zum Ziel, positive Gefühle auszulösen, ganz ohne Druck und Highscore-Stress.

Blumen für alle

Neben dem völlig freien Spiel gibt es einen Modus mit Erzählunge­n, der eine gute Einführung ist. In kürzester Zeit legt man blühende Beete, Büsche und Ranken an. Das allein ist nett, wird aber erst durch die regelmäßig­en Aufgaben unterhalts­am. Verlangt ein Dorfbewohn­er einen bestimmten Blumenstra­uß, gilt es die Pflanzen in der richtigen Farbe zu setzen und zu sammeln. Für das Abarbeiten der Aufgaben erhält man Belohnunge­n,

die man in die Erweiterun­g und das Dekorieren des Gartens stecken kann.

Da das Spiel in Tage unterteilt ist, entwickelt sich automatisc­h ein Rhythmus. Das führt zum bekannten „Eine Runde noch“-Effekt, durch den man immer länger als geplant hängen bleibt, weil man die eine Aufgabe noch erledigen möchte oder eine neue Pflanze bekommen hat, die man noch wachsen sehen will. Zusätzlich gibt es Jahreszeit­en, die leichte Veränderun­gen mit sich bringen. So muss man im Sommer häufiger gießen und im Herbst Laub sammeln. Obwohl

die Pflanzen auch im Spiel bevorzugte Jahreszeit­en haben, in denen sie wachsen, wirkt sich das wenig aus. Setzt man eine Herbstpfla­nze wie Jasmin schon im Sommer, wächst sie trotzdem und bringt Blüten.

Wachstumss­timulation

Gelungen ist die eigens entwickelt­e Wachstumss­imulation, durch die jede Pflanze individuel­l gedeiht, was den Garten wild und dynamisch macht. Das Wohlfühl-Konzept zeigt sich optisch durch bunte aber nicht zu grelle Farben im detaillier­ten Comic-Stil.

Nicht so gelungen ist die Übersichtl­ichkeit, da man das Inventar aus unerfindli­chen

Gründen nicht sortieren kann. So wird viel Zeit mit dem Suchen bestimmter Samen oder Schnittblu­men vergeudet.

Auch, dass sich Pflanztisc­he nicht versetzen lassen, wenn sie einmal bestückt wurden, ist unnötig mühsam, wenn man einfach nur schnell umdekorier­en möchte. Man muss alle Pflanzen herausnehm­en, den Tisch umsetzen und sie danach wieder einpflanze­n.

Fazit

„Garden Life“macht auf schöne Art süchtig: Es ist einfach schön, gerade als entspannte­r Ausklang eines anstrengen­den Tages. Auch ohne grünen

Daumen und in einer Stadtwohnu­ng sitzend, gedeiht der virtuelle Garten prächtig.

Wer allerdings eine echte Simulation erwartet, dürfte enttäuscht werden, dafür ist das Spiel zu stark vereinfach­t. Simulatore­n zeichnen sich normalerwe­ise durch einen hohen Grad an Realismus aus, was sie auch schwierig zu meistern macht. Hier werden aber selbst Pflanzen, die schon braun sind, mit beherztem Gießen wieder gesund gepflegt.

Bei dem fairen Preis von 24,99 Euro für die PC-Version beziehungs­weise 39,99 Euro für PS4/PS5 und Xbox Series X/S kann man unbeschwer­t zugreifen.

 ?? ?? Mit Schaufel, Gartensche­re und Dünger wird eifrig beschnitte­n, umgetopft und kultiviert, bis Garten und Gewächshau­s ein Blumenmeer sind
Mit Schaufel, Gartensche­re und Dünger wird eifrig beschnitte­n, umgetopft und kultiviert, bis Garten und Gewächshau­s ein Blumenmeer sind
 ?? ?? Die süße Katze bewacht das Gartenbuch, das hilfreiche Tipps zu allen Pflanzen enthält
Die süße Katze bewacht das Gartenbuch, das hilfreiche Tipps zu allen Pflanzen enthält

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