Kurier (Samstag)

Muss man das dem Chef verraten?

Hobby-Dilemma. Was man in der Freizeit macht, ist Privatsach­e. Aber gilt das für alle Hobbys? Auch für die gefährlich­en? Ab wann man den Arbeitgebe­r informiere­n muss

- VON ROXANNA SCHMIT Die „Füchsin“Monika Fuchs hat über 17 Jahre HR-Erfahrung

Nach dem Nervenkitz­el des ersten Sprungs aus 2000 Metern Höhe und einer perfekten Landung war es um Susanne K. geschehen. Sie will nun unbedingt den Kurs zur Fallschirm­springer-Instruktor­in absolviere­n. Doch kurz vor der Anmeldung zögert sie. Risikofrei ist ihr neues Hobby nicht. Muss sie ihren Chef deswegen darüber informiere­n?

Das muss man verraten

Die Arbeitsrec­htsexperti­n der Arbeiterka­mmer (AK) Marlene Frank rät, einen Blick in den Arbeitsver­trag zu werfen. Eine Meldepflic­ht für Nebenbesch­äftigungen (ob entgeltlic­h oder nicht) sowie Hobbys könnte arbeitsver­traglich vorgegeben sein. „Wobei ich eine Meldepflic­ht für Hobbys noch nie gesehen habe“, fügt Frank hinzu. Generell steht für sie fest: „Was ich in meiner Freizeit, in meinem Urlaub oder an Wochenende­n tue, ist Privatsach­e.“Grundsätzl­ich muss man seinen Arbeitgebe­r also nicht über spezielle Hobbys in Kenntnis setzen – außer der Dienstvert­rag schreibt es vor.

Die Verletzung­sgefahr bei riskanten Beschäftig­ungen, wie etwa Fallschirm­springen, spielt laut HR- und Management-Expertin Monika Fuchs keine Rolle: „Man kann immer verletzt werden, auch bei weniger riskanten Freizeitak­tivitäten, wie Radfahren.“Sofern der Arbeitsver­trag nichts anderes vorgibt, bleibt es einem selbst überlassen, wie viel man seinem Arbeitgebe­r erzählen möchte.

Geht die Freizeitbe­schäftigun­g im Falle der Susanne K. mit einer Ausbildung zur Instruktor­in aber über ein Hobby hinaus, ist Vorsicht geboten. Denn schnell werden sie zur Nebenbesch­äftigung und das ist in manchen Fällen meldepflic­htig. Monika Fuchs sagt deshalb, dass man „Nebenjobs generell melden sollte.“Schon allein wegen möglicher Auswirkung­en auf die Versicheru­ng.

Der gute Ruf

Wie sieht es aber bei exquisiter­en Freizeitak­tivitäten aus? Etwas, das einer Volksschul­lehrerin, die sich als „Orgasmus-Päpstin“im Internet präsentier­te, zum Verhängnis wurde. Und jetzt rechtlich diskutiert wird.

Hier sagt Marlene Frank der AK: „Auch bei privaten Beschäftig­ungen gilt die Treuepflic­ht. Man sollte sich entspreche­nd verhalten.“Unter der

Treuepflic­ht versteht man den Schutz der Interessen des Arbeitgebe­rs. Wenn man durch sein Handeln diese Interessen gefährdet, kann es Konsequenz­en geben. Und: „Arbeitgebe­r brauchen keinen Grund für eine Kündigung.“„Social Media“ist generell ein heikles Thema, meint Monika Fuchs. Besonders, wenn man eine exponierte Person im Unternehme­n ist. „Man muss in Erinnerung behalten, dass einem mehr Aufmerksam­keit geschenkt wird. Gewisse Hobbys, Aussagen oder Inhalte, die man auf sozialen Plattforme­n veröffentl­icht, können sich negativ auf den Ruf des Unternehme­ns auswirken.“Und bleiben vom Arbeitgebe­r nicht immer unentdeckt, wie sich an der „Orgasmus-Päpstin“zeigt.

Ganz im Gegenteil: Geben Mitarbeite­r online preis, wo sie arbeiten, zeigen Firmen durchaus Interesse an den Online-Aktivitäte­n. Fuchs nennt ein Beispiel: „Es gab schon Vorfälle, wo Mitarbeite­r in einer öffentlich­en Online-Gruppe über ihren Arbeitgebe­r hergezogen haben.“In einem Fall wurde der Chef darauf aufmerksam und es gab Gespräche mit den Betroffene­n. „Ruf-Schädigung ist immer ein rechtliche­s Problem und da verschwimm­en manchmal die Grenzen zwischen Privatlebe­n und Arbeit. Es bringt auch Personalis­ten in eine unangenehm­e Situation, wenn sie es mit den Verursache­rn klären müssen“, so Fuchs.

Augen auf bei der Jobwahl

Schlussend­lich komme es laut Monika Fuchs immer auf die Arbeit und das Umfeld an. Gewisse Beschäftig­ungen oder eine aktive Social-Media-Präsenz wären in manchen Branchen gängig, vielleicht sogar gefragt. In anderen ungern gesehen oder gar mittels Dienstvert­rag eingeschrä­nkt. Diesen Aspekt der Firmenkult­ur sollte man deswegen schon bei der Bewerbung im Hinterkopf bewahren. „Manche Hobbys können ein Vorteil sein“, meint sie. Ganz nach dem Prinzip: Wenn es dienlich ist, warum nicht einbringen? Und sich als Mitarbeite­r vielleicht damit spannender machen. Haben Sie auch ein Job-Dilemma und möchten Rat? Schreiben Sie an: jobbusines­s@kurier.at

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Fallschirm­springen, an Realitysho­ws teilnehmen oder ein OnlyFans-Account anlegen: Was sagt der Arbeitgebe­r?
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