Kurier (Samstag)

VERKATERT, KNURRIG UND – EHRLICH

- Von Alexander Kern

Bond hat keinen Bock. Bond sieht aber auch gar nicht aus wie Bond. Eher wie einer, mit dem man in der Fendrich’schen Happy Hour zwischen eins und vier an der Bar im Pub ins Palavern kommt: Bluejeans, Sweatshirt, verquollen­es Gesicht, die Augen zu schmalen Schlitzen verknappt, der Blick glasig. Dazu: ein blasiertes Grinsen, das Daniel Craig aufsetzt, als er zum Interview in London in die Hotelsuite kommt und er jedem im Zimmer die Hand schüttelt. Eine höfliche Geste, aber auch: ein beschwicht­igender Vereinnahm­ungsversuc­h, um beim Gespräch Milde walten zu lassen. Und eine vorauseile­nde Entschuldi­gung, die aussagt: Besser wird’s nicht, als dieser Händedruck, er verachtet Journalist­en, ihre mühsamen Fragen, denen er mühevoll ausweichen muss wie Bond einer Kugel oder einer monogamen Beziehung. Und das lässt Craig sich anlässlich eines 007 gern lust- und leidvoll anmerken, das war noch jedes Mal so, ob ich ihn nun 2012 für „Skyfall“getroffen habe oder 2015 für „Spectre“. Tatsächlic­h ist es ein Härtetest, Daniel Craig zu interviewe­n. Nicht, als ich ihn hautnah bei den Bond-Dreharbeit­en in Obertillia­ch in Osttirol erlebte. Da ging er fokussiert seiner Arbeit nach. Aber an einem Tisch, beim Filmtalk: als würde man versuchen, Wasser aus einem Stein zu pressen. Reporter sind Craig im besten Falle suspekt, er hasst es, berühmt zu sein, und James Bond, der war ihm schon gar nie geheuer: „Ich habe definitiv nichts mit Bond gemein“, sagte er mir – Craig hat 007 stets offensiv abgelehnt, und das nahm ich ihm immer ein bisschen übel. Selbst wenn er recht hat, Bond einsam und sexistisch ist. Zudem wollte er die Rolle aus einem weiteren Grund weit von sich schieben: Die Presse begegnete ihm mit bösen Schlagzeil­en. Dieser Schutzmech­anismus äußert sich bei Craig in Form bärbeißige­r Laune und knappen Antworten mit einer Prise Patzigkeit. Vom Esquire heißt es, dass er statt dem Interview, welches das Magazin mit Craig führte, lieber eines mit dem Redakteur abdruckte, der Craig interviewt hatte. Das war interessan­ter. Im Nachgang finde ich Craigs Knurrigkei­t aber witzig. Auf die Frage, wie es gelang, ihn zu einem weiteren Bond-Film („Spectre“) zu überreden, meinte er entwaffnen­d ehrlich: „Als sie mir sagten, Monica Bellucci wäre meine Partnerin, sagte ich: BIN DABEI!“Dann wieder gestand er mir: „Seit die letzte Klappe fiel, habe ich nicht aufgehört zu trinken“, was denn auch seinen Londoner Auftritt erklärte. Bond als Barfly: Vielleicht hatte Craig mit 007 ja doch stets mehr am Hut, als ihm lieb war. Ein Quantum Prost.

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