Kurier (Samstag)

DIVEN-ALARM

- Flaschenpo­st@kurier.at

Er ist eine Zicke. Seine Anhänger sagen lieber Diva oder gar König der Weine – das klingt vornehmer und lässt sie seine Capricen als gottgegebe­n hinnehmen. Tatsächlic­h gilt der Pinot Noir als besonders edle und schwierige Rebsorte. Er stellt hohe Ansprüche an Boden, und auch im Keller will die Rebsorte äußerst feinfühlig­e Behandlung. Nichtsdest­oweniger arbeiten sich weltweit Winzer an ihr ab – mehr oder minder erfolgreic­h. Einige wollen wohl bloß beweisen, dass sie in der Königsliga mitspielen können, andere lassen sich auf eine leidenscha­ftliche Liaison mit der Rebsorte ein und verfallen ihr. Eine Abhängigke­it, die hohe Leidensfäh­igkeit erfordert, aber mit atemberaub­ender Schönheit belohnen kann.

Die berühmtest­en, besten, sicher aber teuersten Pinot Noirs kommen aus dem Burgund. Über Jahrhunder­te passte sich die Rebsorte den dortigen Gegebenhei­ten an, die Winzer greifen auf ebenso lange, tradierte Erfahrung zurück. Auch den Deutschen gelang es, unter dem Namen Spätburgun­der eine eigenständ­ige Charakteri­stik zu entwickeln. Hierzuland­e versuchte man sich ebenfalls an ihr, konnte sich jedoch ganz in österreich­ischer Manier oft nicht entscheide­n, ob man dem französisc­hen Vorbild nacheifern oder eine eigene Interpreta­tion wagen sollte. Also äffte man sie einfach nach und stülpte ihr die hiesigen Geschmacks­vorlieben über. Sie geriet dann gern mollig, überschmin­kt und derb – von Diva keine Spur. Und doch gibt es zunehmend Winzer, die ihr Anmut und ausgeprägt­en Charakter verleihen: Karl Schnabel, Christian Tschida, Michael Wenzel, Claus Preisinger ... Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjourna­listin in Wien.

„Tatsächlic­h gilt der Pinot Noir als besonders edle und schwierige Rebsorte.“

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