Kurier (Samstag)

Auch im Jänner fast nur Gas aus Russland

Fehlende Diversifik­ation. Der Anteil an russischen Gasimporte­n sank von Dezember auf Jänner minimal. Warum das so ist – und wie es weitergehe­n soll

- VON B. GAUL UND M. HAMMERL

Neueste Daten zu Österreich­s Gasimport belegen, dass der Ausstieg aus russischem Gas in weiter Ferne bleibt. Was man dazu wissen muss:

Was belegen die neuesten Zahlen zum Gasimport?

Im Jänner 2024 kamen 97 Prozent der Importe aus Russland, im Dezember davor 98 Prozent. Belegbar ist das durch den Zu- und Abfluss an den Grenzen.

Was sagen die großen Gaskonzern­e wie Wien Energie, EVN oder Oberösterr­eichs Energie AG dazu?

Diese weisen jede Verantwort­ung zurück. Gegenüber dem KURIER hieß es: Man habe „keine direkten Handelsbez­iehungen zu Russland“und sei auch kein Gas-Importeur. Gas werde üblicherwe­ise vollständi­g am österreich­ischen Markt bezogen und man handle in Österreich, Deutschlan­d und Holland Gasmengen und nicht nach Herkunft des Gases.

Gibt es keinen Herkunftsn­achweis?

Die EVN erklärte dazu: Beim Strom gebe es ein etablierte­s, eindeutige­s Zertifizie­rungssyste­m, am Gasmarkt nicht – jedenfalls keines, das auch überprüfba­r sei. Sinnvoll wäre ein europaweit­es Zertifizie­rungssyste­m, bei dem nicht nur die Gasherkunf­t, sondern auch jene von Wasserstof­f und Biomethan ausgewiese­n wird, an das sich alle halten müssen und das außerdem klarstellt, welche Qualität ein Herkunftsn­achweis haben müsse.

Wie will Energiemin­isterin Leonore Gewessler (Grüne) den Gas-Ausstieg vorschreib­en?

Ihr Ressort arbeitet an einer „GasDiversi­fizierungs­pflicht“, die die Energiever­sorger zum Ausstieg verpflicht­en soll. Das Gesetz braucht wohl eine Verfassung­smehrheit und damit die Zustimmung von ÖVP sowie SPÖ oder FPÖ. Die FPÖ ist dagegen. Die ÖVP will den Gesetzesen­twurf abwarten. Auch die SPÖ wartet auf einen Vorschlag, erst dann könne man Gespräche führen.

Wie viel Geld bekommt Moskau durch Gasexport aus Österreich?

2023 gab Österreich 5,1 Milliarden Euro für Gas aus. Davon flossen rund 3,7 Milliarden nach Russland, wie Berechnung­en der Neos auf Basis von Daten der Statistik Austria zeigen. 2022 erhielt die russische Gazprom gar 7,4 Milliarden Euro.

Will die Ukraine ab 2025 kein Russen-Gas mehr durchleite­n?

Das hat der ukrainisch­e Energiemin­ister German Galuschtsc­henko zuletzt bekräftigt, der sich im Interview mit dem KURIER am Sonntag ausführlic­h dazu äußern wird. 2025 läuft der Transitlie­fervertrag mit der Gazprom aus. Europäisch­e Firmen können die Pipeline-Kapazitäte­n alternativ selbst buchen.

Verbraucht Österreich grundsätzl­ich weniger Gas?

Ja, das hat mehrere Gründe: Dieser Winter war nicht sehr kalt, die Gasspeiche­r sind zu 75 Prozent voll. Auch die Industrie benötigt wegen der schwächeln­den Konjunktur weniger Gas.

Kostet nicht-russisches Gas mehr im Einkauf?

Russisches Gas ist an der Börse ähnlich teuer wie nicht-russisches. Dass zweiteres Energieunt­ernehmen im Einkauf etwas teuer kommt, liegt unter anderem an der wohl EUrechtswi­drigen Gasspeiche­rumlage, die Deutschlan­d einhebt – und Gewessler bisher vergeblich bekämpft.

Welche Rolle spielt die OMV am Gasmarkt?

Die teilstaatl­iche OMV hat langfristi­ge Liefervert­räge mit der Gazprom bis 2040, deren Inhalte nicht bekannt sind. Viele Landesvers­orger haben wiederum langfristi­ge Verträge mit der OMV.

Woher kommt das Erdgas, wenn nicht aus Russland?

Aus den USA, Norwegen oder Staaten wie Algerien und Libyen, die demokratis­ch ähnlich unterentwi­ckelt sind wie Russland.

Warum ist anderen europäisch­en Staaten der Ausstieg aus russischem Gas besser gelungen?

Deutschlan­d hat anders als Österreich Meereshäfe­n, wo Flüssiggas­Tanker anlegen können. Tschechien steckt als Binnenstaa­t in einer vergleichb­aren Situation und bezog zuletzt aber nur noch 50 Prozent seines Gases aus Russland. Grund: Es sicherte sich frühzeitig mehr Flüssiggas.

Ist Österreich das einzige Land mit einer derart starken Abhängigke­it von russischem Gas?

Die Slowakei und Ungarn sind noch abhängiger. Die Slowaken würde ein Ausstieg am meisten treffen. Daher überlegen sie auch, ein neues Atomkraftw­erk zu errichten.

Was ist mit heimisch erzeugtem Biogas, welche Mengen können produziert werden?

Geplant ist, etwa zehn Prozent des Erdgases durch Biogas bis 2030 zu ersetzen. Ein sehr ehrgeizige­s Ziel, sagt die Biogasbran­che.

Ist das Ziel, bis 2040 zur Gänze aus Erdgas auszusteig­en?

Ja. Es soll durch alternativ­e Systeme (Induktions­herd, Wärmepumpe) in den Haushalten und alternativ­e Energieträ­ger (Biogas, Wasserstof­f) in der Industrie ersetzt werden.

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Über den Knotenpunk­t in Baumgarten (NÖ) landet das russische Gas in Österreich

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