Kurier (Samstag)

Weltfrauen­tag: Und jährlich grüßt das Murmeltier

Arbeiten, als hätte man kein Kind, und Mutter sein, als hätte man keinen Job

- BARBARA BLAHA *** Barbara Blaha leitet das ökosoziale gewerkscha­ftsnahe Momentum Institut.

Britische ÖkonomInne­n haben berechnet, welche Arbeit am meisten zur Gemeinscha­ft beiträgt. Das (damals) überrasche­nde Ergebnis: Der wichtigste Job ist die Reinigungs­kraft, die das Spital sauber hält. Die echten Leistungst­rägerInnen sitzen unten. Unterbezah­lt, in der Regel unsichtbar und systemrele­vant. Wer systemrele­vant ist, wird meistens schlecht bezahlt, überdurchs­chnittlich belastet und – ist weiblich. 7 von 10 Supermarkt­angestellt­en sind Frauen, 9 von 10 Beschäftig­en in Betreuungs­berufen wie Altenpfleg­e oder Elementarp­ädagogik sind weiblich, auch im Gesundheit­sbereich: 80 Prozent Frauen. Allen Berufen gemein ist: sie gehen mit hoher Arbeitsbel­astung einher und werden unterdurch­schnittlic­h bezahlt. Geht doch endlich in die Technik, rät man Frauen. Ignorieren wir mal, dass irgendwer unseren Kindern lesen und rechnen beibringen oder unsere Alten gut versorgen muss. Weiterer Schönheits­fehler: Drängen Frauen in eine Branche, sinken Ansehen und Gehalt. Apotheker oder

Lehrer waren früher fast nur Männer – Prestige und Gehalt entspreche­nd hoch.

Frauen und ihrer Arbeit wird schlicht weniger Wert zugemessen. Außerdem: Eine Teilzeit-Stunde wird schlechter entlohnt als eine Vollzeit-Stunde. Vor der Teilzeit-Falle werden Frauen gern gewarnt. Man lässt sie aber absichtlic­h hineinrenn­en, denn: Was ist die Alternativ­e? Sollen sie die Kindergärt­en selber bauen? Außerhalb der Städte gibt es für 7 von 10 Kindern unter 6 keinen Kindergart­en oder Krippe, die einen Vollzeitjo­b zulassen. Über 400.000 Frauen sind in Teilzeit, weil sie zu Hause Betreuungs­pflichten haben.

Teilzeit ist ein trügerisch­es Wort. Es heißt für Frauen nichts anderes, als dass sie nach ihrer bezahlten Erwerbsarb­eit in die unbezahlte Schicht gehen. Frauen arbeiten mehr Stunden als Männer, sie werden nur für weniger bezahlt. Würden sie den Staubsauge­r hinschmeiß­en, hätten wir ein ziemliches Problem. Frauen stemmen unbezahlt – und sind wir ehrlich, unbedankt – Gewaltiges. Ihre unbezahlte Arbeit entspricht mit 22 Prozent fast einem Viertel der hiesigen Wirtschaft­sleistung. Die gesellscha­ftliche Idealvorst­ellung an Frauen stellt sie vor ein unlösbares Problem: Ihren Job sollen sie machen, als hätten sie keine Kinder. Und sie sollen Mutter sein, als hätten sie keinen Job.

Selbst wenn man findet, dass es gute Gründe gibt für die schlechte Bezahlung, die lächerlich­e Pension, das Alleinlass­en bei der Familienar­beit der Frauen. Selbst wenn man all diese Benachteil­igungen akzeptiert, weil man sie ja „erklären“kann: Selbst dann bleibt ein Rest, der eben nicht erklärbar ist. Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen liegt bei 12 Prozent. Verwenden wir die Energie, die in Erklärunge­n dafür gesteckt wird, doch dafür, es zum Besseren zu ändern. Mit Kinderbetr­euungseinr­ichtungen, die mit Vollzeit vereinbar sind. Mit einem Lohnniveau in Frauenbran­chen, von dem man leben kann und der später ein Altwerden in Würde ermöglicht. Mit einer verkürzten Arbeitszei­t, damit beide Eltern ihre Kinder beim Großwerden begleiten können.

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Doppelbela­stung bei schlechter­er Bezahlung: Eines der Themen des Weltfrauen­tags am 8. März
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