Ramadan: Wie Jugendliche fasten
Zahlreiche Kinder und Jugendliche beteiligen sich am islamischen Fastenmonat. Warum ihre Eltern nicht immer einverstanden sind und wie Lehrer reagieren
Sonntag Abend beginnt der muslimische Fastenmonat Ramadan. Für die rund 745.000 Muslime in Österreich heißt das, tagsüber nicht zu essen und zu trinken. Auch zahlreiche Kinder und Jugendliche werden den Ramadan begehen. Ein bestimmtes Alter, ab wann Gläubige fasten müssen, gibt es nicht, viele starten in der siebenten oder achten Schulstufe. „Die Fastenpflicht beginnt mit der geistigen und körperlichen Reife dafür, das ist individuell unterschiedlich. Die Eltern sind verantwortlich zu sehen, ob ihr Kind bereit ist“, sagt Valerie Mussa, Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich (IGGÖ).
Jüngere Kinder werden meist spielerisch an das Fasten herangeführt, indem sie etwa untertags auf Süßigkeiten verzichten oder probieren, ein paar Stunden des Tages nicht zu essen. Ähnlich wie Adventkalender gibt es Ramadan-Kalender, bei denen sie abends ein Stück Schokolade bekommen. Ein langsames Herantasten an das spätere Fasten, meint Mussa.
Besorgte Lehrer
Ältere Kinder und Jugendliche seien während des Ramadan oft mit Sorgen ihrer Lehrer um ihre Gesundheit konfrontiert, erzählt Mussa, die das verstehen kann. „Vor allem das Trinken ist immer wieder ein Thema. Es ist wichtig, abends kleinere Mengen und verteilt zu trinken.“Adis Šerifović von der Muslimischen Jugend Österreich (MJÖ) ergänzt, dass manchmal Schlafmangel ein Problem ist. „Manche bleiben während des Ramadan lange wach und sind dann am nächsten Tag fix und fertig. Oder sie stehen in der Früh nicht rechtzeitig zu Sahūr (der letzten Mahlzeit vor der Morgendämmerung, Anm.) auf und fasten dadurch länger als sie eigentlich müssten“, sagt Šerifović.
Generell sei Verständnis für fastende Jugendliche in den Schulen da. Manchmal würden Schüler während des Ramadan aber mit Samthandschuhen angefasst, indem sie etwa nicht turnen müssen. Andernorts beschweren sich Lehrer über „böse Eltern“, die ihre Kinder zum Fasten zwingen. „Das kann für Jugendliche sehr verletzend sein. Besonders für junge Menschen ist die Wertschätzung ihrer religiösen Praxis aber sehr wichtig“, betont Šerifović.
In vielen muslimischen Familien führe der Ramadan zu Diskussionen zwischen Eltern und Kindern. Šerifović: „Nicht alle Eltern sind einverstanden, wenn Kinder schon früh fasten. Manche versuchen, dem Wunsch der Kinder mit Kompromissen nachzugeben, etwa, dass sie fasten dürfen, aber wenn sie Turnen haben oder einen Schulausflug, dann nicht.“Aus religiöser Sicht dürfe das Fasten jederzeit abgebrochen werden, etwa wenn Jugendliche sich nicht wohlfühlen oder es beim Sportunterricht zu anstrengend wird, sagt Valerie Mussa. Sie empfiehlt, auf den eigenen Körper zu hören und Grenzen zu erkennen. „Man darf sich selbst nicht übernehmen oder sich großen Druck machen“, rät sie.
Gemeinsam helfen
Zentral sei das Gemeinschaftsgefühl während des Ramadan. „Es gibt viele Einladungen und gegenseitige Besuche, man geht verstärkt in die Moschee. Das gesellschaftliche Miteinander steht stark im Vordergrund, es ist etwa das Monat, in dem Muslime viel mehr spenden und sich ehrenamtlich engagieren“, betont Mussa.
Die MJÖ veranstaltet jedes Jahr das Projekt „FastenTeilen-Helfen“, bei dem Jugendliche während des Ramadan zum Beispiel in Einrichtungen für Obdachlose oder für Flüchtlinge ehrenamtlich mithelfen. Šerifović: „Ramadan ist mehr als ein Verzicht auf Essen und Trinken. Es geht darum, alte Gewohnheiten abzulegen, freundlicher zu anderen zu sein und eine bessere Gesellschaft entstehen zu lassen. Dieser ,Ramadan-Vibe‘ sollte auch nach dem Ende des Fastenmonats weitergetragen werden.“