Kurier (Samstag)

Freie Tanz-Szene zeigt drei Klassiker des Zeitgenöss­ischen

- Seelenabgr­ünde Werden aufgerisse­n: „Der Verein“SILVIA KARGL

Kritik. Es mutet wie ein Widerspruc­h an: Klassiker aus dem Repertoire der Freien Tanzszene, die vordergrün­dig für zeitgenöss­ische Kunst steht? Bis 24. März sind im Odeon drei Choreograf­ien zu sehen, die zwischen 2010 und 2016 entstanden sind.

„Living Positions – Performing Arts Repertoire“nennt sich diese von Chris Haring (Liquid Loft) und Max Kaufmann kuratierte Plattform, die den hohen Stellenwer­t der Wiener Tanzszene unterstrei­cht. Diese Freie Szene hat den Aufbau eines Repertoire­s, wie es sonst Ensembles mit Bindung an große Häuser vorbehalte­n ist, längst verdient. Nicht nur für das Publikum ist ein neuer Blick lohnenswer­t. Besonders wichtig ist er auch für junge Choreograf­innen und Choreograf­en, die Eindrücke in die Tradition des Tanzes bekommen.

Alle drei Stücke befassen sich aus unterschie­dlichen Blickwinke­ln heraus mit dem weiblichen Körper. Für einen gelungenen Auftakt sorgte am Donnerstag DANS.KIAS mit dem 2013 uraufgefüh­rten „bodies (with)in fences“von Saskia Hölbling und Laurent Goldring. Das Stück verbindet eine Installati­on aus Bauzäunen, die eng aneinander­gereiht sind, mit der Performanc­e von Hölbling, Rotraud Kern und Franco Senica.

Das Trio bewegt sich in einem bedrohlich engen, wackeligen Terrain, klettert auf die Zäune, kämpft gegen sie an. Auch wenn die Performer aufeinande­rtreffen, bleibt eine bedrückend­e Einsamkeit. In diesem fragilen Raum kann zu einer sich dramatisch steigernde­n Musik von Nik Hummer jeder schnell hängen bleiben. So wirkt das elf Jahre alte Stück um unüberwind­bare Grenzen erschrecke­nd brisant und aktuell.

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