Kurier (Samstag)

„Enfant terrible ist ein Kompliment“

Jean Paul Gaultier. Seine pompöse „Fashion Freak Show“feierte in Mailand Premiere. Der KURIER hat den französisc­hen Designer vor Ort getroffen

- VON STEFANIE WEICHSELBA­UM

Schrill, bunt, energetisc­h, kraftvoll, aber auch emotional ist die „Fashion Freak Show“, die sich um das Leben des französisc­hen Designers Jean Paul Gaultier (71) dreht und jetzt in Mailand Premiere feierte. Im Sommer (10.–14. Juli) kommt das Spektakel – Mischung aus Laufsteg, Varieté, Tanz, Erotik und Pop – auch in die Wiener Stadthalle.

„Bei Mode muss man kreativ sein und etwas weiterentw­ickeln, bei dieser Show musste ich das nicht. Ich habe das alles gelebt, ich muss nur zeigen, was alles passiert ist“, so der Modemacher. Das Publikum bekommt ein Best-of seiner außergewöh­nlichen Kreationen geboten, aber auch zahlreiche, extra für die Show geschneide­rte neue Outfits. Und natürlich wird auch provoziert. „Ich denke, die Aufführung ist noch politisch korrekt – fast“, lacht der Designer.

Begeistert von Wien

Von der Stadt Wien zeigt sich Gaultier begeistert. „Es hört sich wie ein Klischee an, aber es ist so romantisch. Es wäre nett, eine Zeit lang in Wien zu leben. Die Kunst, die Architekso tur ist großartig. Es gibt viel zu sehen“, erzählt der Dein signer, den der KURIER Mailand traf.

Zu Österreich hat er noch einen weiteren Bezug – und zwar Conchita Wurst. Nach ihrem Sieg beim Eurovision Songcontes­t im Jahr 2014 arbeiteten die beiden ja öfter gemeinsam. So begab sich etwa Conchita für Gaultier auf den Laufsteg. „Mich hat ihre Silhouette fasziniert, ihre Einzigarti­gkeit als Frau mit Bart und natürlich ihre Stimme“, so Gaultier. Mittlerwei­le haben die beiden nur noch „manchmal“Kontakt. „Aber ich habe großen Respekt vor ihrer Arbeit“.

Die Liebe zum großen Spektakel holte er sich schon im frühen Kindesalte­r. Seine Oma Marie spielte dabei auch eine große Rolle, die auch in der Show vorkommt.

„Sie hat verstanden, dass ich mich für andere Sachen als andere Buben interessie­re – also nicht für Fußball. Sie ließ mich Bücher lesen und hat mir den Teddybär geschenkt, dem ich meinen ersten ,cone bra’ angezogen habe (trug dann auch Pop-Ikone Madonna auf der Bühne). Außerdem nahm sie ihn im Alter von sieben oder acht Jahren mit ins Theater. „Wir haben eine Operette angesehen und ich war begeistert, als sich der rote, samtene Vorhang gehoben hat, und da war dieser ganz spezielle Geruch. Als der Vorhang sich dann gehoben hat, war das für mich eine Art von Magie.“

Mode reflektier­t

Auch wenn er mit seiner Mode immer provoziert­e, machte er das nie des Provoziere­ns wegen. „Mode reflektier­t immer das, was gerade auf der Welt passiert. “In früheren Jahren oft als „Enfant terrible“ betitelt, hatte er mit diesem Begriff nie ein Problem. „Ich mochte es. Es ist ein Kompliment“.

So extravagan­t seine Show und seine Mode sind, selbst führt er überhaupt kein ausschweif­endes Leben, wie er meint. „Definitiv nicht. Es ist sehr langweilig.“

Im Jänner 2020 präsentier­te er seine letzte Modenschau und zog sich daraufhin aus dem Modegeschä­ft zurück. „Ich vermisse es gar nicht“, lacht er. „Als ich jünger war, hatte ich auch mehr zu sagen“, fügt er hinzu. „Ich bin sehr konservati­v. Ich esse und schlafe“, grinst er. „Ich lebe das einfache Leben und das bedeutet, dass ich das mache, was ich mag.“

Mit 24 stellte Gaultier seine eigene Linie vor, zwei Jahre später gründetet er sein nach ihm benanntes Modelabel.

„Ich habe das alles gelebt, ich muss nur zeigen, was alles passiert ist“Jean Paul Gaultier über seine Show

 ?? ??
 ?? ?? KURIERReda­kteurin Stefanie Weichselba­um mit Designer Jean Paul Gaultier in Mailand
KURIERReda­kteurin Stefanie Weichselba­um mit Designer Jean Paul Gaultier in Mailand

Newspapers in German

Newspapers from Austria