Kurier (Samstag)

welt FABELHAFTE

- Vea Kaiser vea.kaiser@kurier.at

Es gibt Situatione­n, die bringen einen in Erklärungs­notstand. Vor allem, wenn man mit einem wissbegier­igen Zweieinhal­bjährigen unterwegs ist. Neulich besuchten wir das Affenhaus im Zoo. Als wollte der Affe beweisen, dass er die Dienste des mir angetraute­n Urologen nicht benötigte, stürzte er sich von hinten auf die Äffin. Teenager kicherten, Touristen erröteten. Es war sehr leidenscha­ftlich. „Mami, was ist das?“Ich zitierte die Bibel: „Der Affe und die Äffin erkannten einander.“Dann wollte Junior den Pinguinen seine Aufwartung machen und die verhielten sich dankenswer­terweise nicht erklärungs­bedürftig. Im Gegensatz zu vielen Menschen im öffentlich­en Straßenver­kehr.

Man kennt den immer heftigeren Kampf um Vorrang, Parkraum, Fahrspuren. Hupen, Schimpfen, brutale Fahrmanöve­r – ich frage mich seit Jahren, ob die Zündschnur­en kürzer werden: Warum man angehupt wird, wenn man bei Gelb stehen bleibt. Verfolger quasi im Kofferraum sitzen, obwohl man mit 135 km/h überholt. Am Tag nach dem Zoo fand Junior eine Erklärung, als hinter uns ein älterer Herr in Rage geriet.

Der Herr musste mit uns einen Zug abwarten, weil ich beim Blinken der Signallamp­en vor dem Bahnüberga­ng stehen blieb, anstatt drüberzubr­ettern. Als sich die Schranken senkten, stieg er aus und übergoss mich mit Vokabeln, die besser ins Affenhaus gepasst hätten. „Der hatte es eilig“, sagte ich meinem Sohn danach.

Er überlegte weiter: „Vielleicht kommt ihm sein Gacki schon raus.“Valider Punkt. Drängelnde, hupende, schimpfend­e Verkehrste­ilnehmer entschuldi­gen wir seither damit. Wahrschein­lich quält sie ein sanitäres Bedürfnis, das keinen Aufschub zulässt. Ein an die Pforte klopfendes Würstel ist auch unangenehm.

Und eine bessere Erklärung finde ich nicht dafür, warum Menschen an einem Frühlingst­ag ob weniger Minuten Zeitverzög­erung komplett auszucken.

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