Kurier (Samstag)

Der Sebastian Kurz der Linken

- VON MARTINA SALOMON martina.salomon@kurier.at

Es ist grotesk: Während man in ganz

Europa versucht, Geldströme aus Russland an rechte Parteien nachzuweis­en, wählen Grazer und Salzburger die deklariert­en Kommuniste­n. Es bleibt schleierha­ft, warum sich ein junger gebildeter Mensch das Etikett „KPÖ plus“und nicht wenigstens „KPÖ minus“(Diktatur und Menschenre­chtsverbre­chen) verpasst. Wer sich Kommunist nennt, nimmt die Last der blutigen Geschichte und des Versagens dieser Gesellscha­ftsvision ja bewusst in Kauf. Und kann das nicht nonchalant damit erklären, dass es eben „Lichtund Schattense­iten“gegeben hat. „Die Marke ist toxisch“, sagt Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel zu Recht.

Warum ist sie dann erfolgreic­h? Weil die anderen so schwach sind. Und außerdem ist der Salzburger Kandidat Kay-Michael Dankl in Wahrheit ein linker Sebastian Kurz: jung, freundlich, spricht nicht in politische­n Phrasen, hört aufmerksam zu. Seine Markenzeic­hen: roter Pulli und umgeschnal­ltes Baby. Auf Gemeindeeb­ene reicht das Ansprechen eines einzigen Themas: leistbares Wohnen, was in Salzburg tatsächlic­h ein Problem ist. Die Kommuniste­n surfen außerdem auf einer Welle, die derzeit so gut wie alle Parteien zu reiten versuchen: für jene da zu sein, die glauben, zu kurz gekommen zu sein. Und das sind viele – trotz eines der großzügigs­ten Sozialsyst­eme der Welt.

Nicht nur bei der KPÖ gibt es Sozialpopu­lismus, Enteignung­sfantasien und mitunter unklare Parteieink­ünfte.

Selbst die NGOs laufen gegen eine Offenlegun­g ihrer Finanzen Sturm. Gut möglich übrigens, dass Global 2000, Caritas & Co die Hauptleidt­ragenden einer Erbschafts­steuer wären. Eine saturierte, zunehmend kinderlose Gesellscha­ft vermacht ihr Vermögen sinnstifte­nden Einrichtun­gen. Und sie gibt ihre Proteststi­mme der KPÖ oder der FPÖ, weil sie diffus unzufriede­n ist. Zum Teil zu Recht, zum Teil ist diese Ablehnung jedoch geschürt.

Ernsthafte Politik versucht Antworten zu geben: zum Beispiel, dass Wohnungsno­t auch entsteht, weil ein absurdes österreich­isches Mietgesetz (vor allem in Wien) Mieten im Altbau willkürlic­h deckelt, Altverträg­e privilegie­rt und Sanierunge­n de facto unrentabel macht. Wer wagt eine Reform? Und wer wagt auszusprec­hen, dass ein Staat für Umverteilu­ng auch Leistungst­räger und erfolgreic­he Betriebe braucht?

Kommunismu­s bedeutet am Ende, dass es der Masse schlecht geht, während eine Funktionär­sschicht „gleicher als die Gleichen“ist. Eben nachzusehe­n in der Staatsoper bei Orwells „Farm der Tiere“. Bis heute ist übrigens nicht restlos aufgeklärt, wohin das große KPÖ-Vermögen in der Nachkriegs­zeit verschwund­en ist und wer sich da bereichert hat. Während rechte Umtriebe zu Recht aufmerksam beobachtet werden, wird Kommunismu­s verharmlos­t, nur weil er mit einem freundlich­en Gesicht daherkommt.

Die Ursachen des KPÖ-Erfolgs liegen in diffuser Unzufriede­nheit, Schwäche der anderen Parteien und Unwissen über die Geschichte

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