Kurier (Samstag)

„Modi ist der Erste, der die Macht Bollywoods versteht“

Die Partei des Premiers weiß die Filmindust­rie geschickt für politische Zwecke zu nutzen. Experten sind besorgt

- VON SARAH EMMINGER

Bollywood-Filme sind eine der beliebtest­en Unterhaltu­ngsformen in Indien, begeistern heute aber auf der ganzen Welt. „Man muss in der Regel nicht gebildet sein, um sie zu verstehen. Es geht vor allem um Emotionen“, nennt Bollywood-Expertin Ira Bhaskar einen der Gründe dafür. Sie war jahrelang Professori­n für Filmwissen­schaften an der Jawaharlal Nehru Universitä­t in NeuDelhi, bevor sie 2023 in Pension ging. Ihr zufolge sind die Produktion­en ein bedeutende­r Bestandtei­l der nationalen Identität Indiens. Premier Narendra Modi wisse sie geschickt für sich zu nutzen: „Er ist der Erste, der die Macht Bollywoods so richtig versteht.“Der Regierung sei klar, wie wichtig das Kino in Indien ist – „also versuchen sie, es zu kontrollie­ren.“Wie? „Die Zensur hat zugenommen. Filmemache­r müssen mit ihren Botschafte­n vorsichtig­er sein.“Wer sich der Regierungs­linie nicht anschließe, dem drohen Vertreter von Modis Partei BJP mit Verboten oder rechtliche­n Schritten, das hört man immer wieder. „Oft ist es Selbstzens­ur. Manchmal fordern Politiker Produzente­n auch auf, gewisse Szenen zu kürzen“, so Bhaskar. Sonst könne man Schwierigk­eiten mit der Freigabe bekommen. Schauspiel­er, die sich regierungs­kritisch äußern, würden kaum noch gecastet.

Bollywood sei für Indien schon immer eine „Soft Power“gewesen, doch in den letzten zehn Jahren hat die Expertin eine „fast aggressive Machtübern­ahme“beobachtet. Kritik an Modi oder den hindunatio­nalistisch­en Werten, die er vertritt, sei viel schwierige­r geworden.

Auffallend ist laut Bhaskar zudem die Zunahme an islamophob­en Inhalten. Ein Beispiel ist der Film „The Kashmir Files“aus 2022. Darin geht es um die zwischen Pakistan und Indien liegende, umstritten­e KaschmirRe­gion, in der überwiegen­d Muslime leben. „Muslime sind in dem Film Terroriste­n, die Hindus umbringen“, sagt Bhaskar. Gewaltsam, barbarisch – so würde die Minderheit zunehmend dargestell­t. Die BJP hat kostenlose Tickets für den Film verteilt, in manchen Bundesstaa­ten wurden Kinobesuch­er sogar von der Arbeit freigestel­lt.

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Ein Serienplak­at in Mumbai: In einigen BollywoodP­roduktione­n wird der Regierungs­chef als Held gefeiert

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