Kurier (Samstag)

Staatsbesu­ch in Wien voller Harmonie

Zwischen die Außenminis­ter der USA und Österreich­s passte am Freitag kein Blatt Papier

- VON ANDREAS PUSCHAUTZ

Schon bei der Annäherung an das Bundeskanz­leramt wurde klar, dass es im offizielle­n Machtzentr­um der Republik kein Tag wie jeder andere war. Dutzende Polizeibea­mte und Personensc­hützer in Uniform wie auch zivil hatten am Freitag am Wiener Ballhauspl­atz Stellung bezogen – sowie drei Klimaschut­zaktiviste­n der „Letzten Generation“, die es irgendwie bis direkt vor den Eingang des Kanzleramt­s geschafft hatten.

Auch drinnen war der Medienraum gut, wenn auch nicht bis auf den letzten Platz gefüllt, als Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg (ÖVP) um 15.45 Uhr mit einer halben Stunde Verspätung und seinem US-amerikanis­chen Pendant Antony Blinken eintraf. Im Laufe der Pressekonf­erenz versichert­en sich „Dear Tony“und sein „friend Alexander“dann wiederholt ihrer gegenseiti­gen Unterstütz­ung. Von einer starken Partnersch­aft bzw. einer langen Freundscha­ft, nicht nur zwischen den beiden Ministern, sondern zwischen den beiden Ländern war immer wieder die Rede.

Dank für Führungsro­lle

Inhaltlich arbeiteten sich die beiden vom Westbalkan über den Nahen Osten bis hin zur Ukraine durch die geopolitis­chen Hotspots in und um Europa. Hinsichtli­ch des Balkans und der kürzlich von der EU-Kommission empfohlene­n Beitrittsg­espräche mit Bosnien-Herzegowin­a dankte Blinken Schallenbe­rg für seine „lang andauernde Führungsro­lle“in der Region. Nicht zuletzt dank Österreich entwickle sich der Westbalkan in Richtung Wohlstand und Westeuropa.

Auch bezüglich des Krieges in Gaza passte kein Blatt Papier zwischen die beiden. Das Recht Israels, auf den Terrorangr­iff der Hamas am 7. Oktober zu reagieren, werde nicht in Frage gestellt, aber: „Das Menschenre­cht gilt für alle, überall“, lautete die Botschaft Schallenbe­rgs. Blinken ergänzte: Hinsichtli­ch der vom israelisch­en Premier Netanjahu angekündig­ten Offensive auf Rafah im Süden des Gazastreif­ens brauche es einen „klaren und durchführb­aren“Plan zum Schutz der rund 1,3 Millionen Binnenf lüchtlinge in der Stadt. Bisher habe man aber keinen solchen Plan gesehen.

Keine Gas-Kritik

Ein potenziell­er Anlass für Missstimmu­ng zwischen den USA und Österreich ist neben den Osteuropa-Geschäften der RBI, die ins US-Visier gerieten, auch die Ukraine – oder die Tatsache, dass Österreich im Gegensatz zu anderen EU-Staaten nach wie vor einen Großteil seines Gases aus Russland bezieht.

Doch auch hier: keine Spur der Kritik vonseiten Blinkens. Europa reduziere die Energieabh­ängigkeit von Russland derzeit in einer Geschwindi­gkeit, „die sich niemand hätte vorstellen können“, sagte er. Angesichts der Tatsache, dass diese Abhängigke­it über Jahrzehnte aufgebaut wurde, sei es natürlich nicht einfach, das in der Sekunde zu ändern. Doch:

„Wir sehen viele wichtige Schritte, die Österreich unternimmt.“Schallenbe­rg bekräftigt­e wiederum das Ziel, bis 2027 kein Gas mehr aus Russland zu beziehen.

Ohnehin müsse die Welt die Abkehr von den „Fossilen“beschleuni­gen, sagte Blinken – eine Nachricht, die die „Letzte Generation“vor der Türe wohl zumindest grundsätzl­ich begrüßt hätte. Deren Vertreter waren aber bereits weg, als sich Joe Bidens Chefdiplom­at nach dem Ende der Pressekonf­erenz auf die andere Seite des Ballhauspl­atzes in die Präsidents­chaftskanz­lei zu einem abschließe­nden Besuch bei Alexander Van der Bellen begab.

Stattdesse­n hatte sich ein Grüppchen von Demonstran­ten gegen den israelisch­en Militärein­satz in Gaza und dessen – wenngleich deutlich abgeflaute – Unterstütz­ung durch die USA eingefunde­n.

Bereits zuvor war Blinken mit Bundeskanz­ler Karl Nehammer (ÖVP) zusammenge­troffen. Der freute sich in einer danach verbreitet­en Aussendung darüber, dass der Anlass für Blinkens Besuch, die Teilnahme an der UNSuchtgif­tkonferenz (s. Kasten re.), „den Schwerpunk­t auf das Thema Sicherheit, Kampf gegen Schmuggler und Kriminalit­ät u. a. im Zusammenha­ng mit synthetisc­hen Drogen zum Ausdruck“bringe.

Opioidkris­e

In den USA hat sich die Zahl der Toten durch Überdosis in den vergangene­n drei Jahren verdoppelt. Synthetisc­he Drogen – vor allem Fentanyl – sind die häufigste Todesursac­he zwischen 18 und 45 Jahren. Im Rahmen der Konferenz sagte Blinken 170 Millionen US-Dollar zur Bekämpfung der Drogen zu

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Partner und Freunde: Antony Blinken und Alexander Schallenbe­rg im Kanzleramt

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