Kurier (Samstag)

Der Krieg ums Informatio­nsfeld

Immer wieder attackiere­n selbst ernannte Befreiungs­kämpfer russisches Territoriu­m – Kiew hilft das nur bedingt

- VON ARMIN ARBEITER

Russen, die gegen Putin kämpfen. Ein Hubschraub­er, der rasch Kämpfer auf russischem Gebiet absetzt, Videos von Gefechten, Meldungen über die Einnahme eines russischen Dorfes. Immer wieder versuchten in den vergangene­n Tagen Organisati­onen wie die „Legion Freiheit für Russland“oder das „Sibirische Bataillon“, den Anschein eines militärisc­hen Erfolgs auf russischem Staatsgebi­et zu erwecken.

Angriffe nach Verlusten

Vor allem, wenn es sich laut diesen Organisati­onen um russische Staatsbürg­er handelt, deren Ziel es ist, Russland von Putin zu befreien. Es ist nicht das erste Mal, dass diese Organisati­onen in Erscheinun­g treten – das letzte Mal im Frühjahr 2023, kurz nachdem Bachmut endgültig in die Hände der Russen gefallen war.

Auch damals waren einige Kämpfer auf russischem Territoriu­m vorgerückt, wurden kurze Zeit danach aufgeriebe­n oder zurückgedr­ängt. Die Vermutung liegt nahe, dass Angriffe wie diese den medialen Fokus von den Vorkommnis­sen an der Front in der Ukraine weg lenken sollen. Kiew äußert sich öffentlich wenig dazu, allerdings deuten Bewaffnung und Gerät darauf hin, dass die Angriffe mit Unterstütz­ung der Ukraine koordinier­t wurden.

Jetzt sind die russischen Streitkräf­te nach dem Fall von Awdijiwka weiter am Vormarsch. Langsam zwar – und durch die beginnende Schlammzei­t noch weiter verzögert –, doch die Initiative liegt bei den Russen. Dazu kommt, dass den Russen in den vergangene­n Tagen gezielte Vernichtun­gen von wichtigen Waffensyst­emen hinter der Front gelungen waren: Ein HIMARSyste­m, wahrschein­lich zwei Abschussra­mpen des Flugabwehr­systems Patriot sowie zwei Helikopter verbucht die neutrale Website „Oryx“bei den jüngsten ukrainisch­en Verlusten.

Das Informatio­nsfeld zu dominieren ist eines der wesentlich­en Ziele eines Krieges – vor allem, wenn es um einen Abnützungs­krieg geht, in dem ein langer Atem vonnöten ist. Und während Russland mit Trollfabri­ken und Kalter-Krieg-Rhetorik die europäisch­e Angst vor einem Atomschlag schürt, will die Ukraine zeigen, dass sie sich trotz numerische­r und materielle­r Unterlegen­heit weiterhin gegen die russische Aggression zur Wehr setzen kann.

Krim-Operation angekündig­t

Daher ist es auch nicht verwunderl­ich, dass der ukrainisch­e Militärgeh­eimdienstc­hef Kyrylo Budanow kürzlich „eine große ukrainisch­e Operation auf der Krim“angekündig­t hat. Es ist denkbar, dass es bis Sonntag zu einem größeren Drohnenang­riff auf die Halbinsel kommt. Ziel: Zu zeigen, dass Russland, wie in den Regionen Belgorod und Kursk, „seine“Bürger nicht schützen könne.

Dass diese Angriffe den Ausgang der russischen Wahl beeinfluss­en, darf bezweifelt werden – vielmehr dürfte das Ziel sein, die Unzulängli­chkeiten Russlands einem westlichen Publikum zu präsentier­en.

Angriffe auf Raffinerie­n

Mehr Erfolg haben die ukrainisch­en Streitkräf­te derzeit mit Drohnenang­riffen auf russische Ölraffiner­ien: Vor Kurzem trafen ukrainisch­e Drohnen wichtige Öl-Unternehme­n 800 Kilometer von der Grenze entfernt. Zwölf Prozent der russischen Ölverarbei­tung sollen dadurch unterbroch­en worden sein.

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Am Grenzüberg­ang in die russische Region Belgorod kam es zu Kämpfen
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Ukrainisch­er Angriff auf eine russische Ölraffiner­ie am Anfang der Woche

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