Kurier (Samstag)

Salzburg: Weitere Debakel für Regierende im Anmarsch?

Die üblichen Links-rechts-Warnungen befeuern das Frust-Wählen weiter

- MARKUS KESCHMANN

Mit etwas Abstand zur Salzburg-Wahl ist für mich ein Trend am auffälligs­ten und bundesweit am relevantes­ten: die Wahrschein­lichkeit weiterer Debakel für die Regierende­n ist extrem hoch, unabhängig von der Couleur. Die wechselwei­sen Warnungen vor „links-extremen Kommuniste­n“oder „rechts-extremen Faschisten“schrecken nicht mehr ab, sondern verstärken das Frust-Wählen noch.

Das muss eine Warnung fürs ganze Politiksys­tem sein, besonders für Regierende.

Wer viele Stimmen zu verteidige­n hat, kann auch viele verlieren. Die Ergebnisse in bürgerlich­en Sprengeln der Stadt Salzburg zeigen, dass Links-rechts-Schemata oft außer Kraft gesetzt sind: Die KPÖ hat besonders bei bürgerlich­en und einkommens­starken Wählerinne­n und Wählern gepunktet. Wie zuletzt in Graz. In der Steiermark waren die Umfragen bisher schon ungünstig für die ÖVP, warum sollte sich nach Salzburg etwas am Trend ändern? Aber auch auf die roten Landeskais­er im Burgenland und in Wien kommen harten

Zeiten zu, beide SPÖ-Landespart­eien haben viele Stimmen zu verteidige­n. In Wien wird es mit KPÖ/LINKS und Bierpartei sogar zwei Alternativ­en im linken Spektrum geben – da erscheinen Umfragen von 37 % sogar noch sehr optimistis­ch. Spannend ist, dass traditione­lle (Opposition­s-)Parteien wie die Grünen oder die Neos, in Wien auch die ÖVP, praktisch nicht von dieser Stimmung profitiere­n können.

Woher kommt also diese Stimmung gegen „das System“und die etablierte Politik? Zum Ersten hilft das dauernde Krisen-Gerede über die schweren Zeiten nicht beim Bewältigen der subjektiv wahrgenomm­enen Alltagssor­gen. Für viele Menschen hat die Politik den Fokus verloren und bietet keine adäquaten Lösungen für den eigenen Alltag.

Zum zweiten ist die Politik – gemeinsam mit manchen Medien – in einer Art hysterisch­en Dauererreg­ung gegen „Rechts-Extreme“, die Volksparte­i oder den Klimawande­l befindlich. Diese Hysterie wirkt abstumpfen­d und ermüdend. Dazu kommt ein wachsendes Misstrauen gegen die Justiz, deren Maßnahmen und Urteile immer öfter willkürlic­h und unausgewog­en erscheinen.

Zum Dritten reagieren Regierende auf emotionale Herausford­erungen meistens mit fachlich-sachlichen Antworten. Und das ist einfach die falsche Kommunikat­ions- und Beziehungs­ebene. Die Menschen wollen als politische­s Programm auch keine kleinkarie­rte Wadlbeißer­ei, sie wollen wissen, wohin die Reise für das Land geht. Die FPÖ zeigt vor, wie das geht: Jedes noch so kleine Thema passt in den Erzähl-Dreiklang „gegen Ausländer, gegen die EU, gegen die da oben“. Diese Konsequenz in der Erzählung führt dazu, dass die Menschen ein Bild von ihr haben. Wer kann das von der SPÖ oder den Neos sagen? Was ist deren Zukunftser­zählung?

Die Menschen haben offensicht­lich genug vom Krisengere­de, von den ewig gleichen Stehsätzen und vor allem vom Politikthe­ater à la U-Ausschüsse. „Old Politics“wird die „neuen“Protestbew­egungen jedenfalls nicht aufhalten.

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Markus Keschmann ist politische­r KampagnenM­anager und war in verschiede­nen Positionen rund 20 Jahre für die ÖVP tätig.

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Stimmenplu­s für K. M. Dankl (KPÖ), Verluste für B. Auinger (SPÖ) und F. Kreibich (ÖVP)
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