Kurier (Samstag)

#ichbindann­malweg

Ob als Sommerfris­chler, Individual­tourist oder Pauschalre­isender – den Österreich­erinnen und Österreich­ern ist ihr Urlaub heilig. Rechtlich war der Weg zur bezahlten Auszeit von der Arbeit aber lang

- TEXT ELISABETH HOLZER-OTTAWA INFOGRAFIK CHRISTA BREINEDER

Bin momentanni­cht imBüro. Wenn es wichtig ist, können Sie mir einen Tweet schicken mit dem Hashtag #sieunterbr­echenmeine­nurlaub (Mail-Abwesenhei­tsnotiz,

Fundstück auf „X“)

Folgt man aktuellen Umfragen, werden heuer viele automatisc­he Mailantwor­ten verschickt: 80 bis 89 Prozent der Österreich­erinnen und Österreich­er wollen 2024 verreisen, ergaben jüngste Daten von TUI beziehungs­weise im „Reisekompa­ss“von Ruefa. 19 Tage Urlaub sollen es im Durchschni­tt pro Person werden.

Bezahlter Urlaub ist gesetzlich verankerte­s Recht jedes unselbstst­ändig Beschäftig­ten in Österreich, allerdings musste es erst durch die Jahrzehnte erkämpft werden: 1910 – also noch in der k. u. k. Monarchie – verabschie­dete der Reichsrat zehn Tage bis zwei Wochen bezahlten Erholungsu­rlaub. Das galt aber nur für Angestellt­e und war somit ein Privileg einer damals überschaub­ar kleinen Gruppe von Begünstigt­en.

Für die große Masse, die Arbeitersc­haft, war es erst 1919 so weit. Allerdings klafften die Ansprüche von Angestellt­en und Arbeitern lange Zeit weit auseinande­r: Wurde den Angestellt­en bereits 1921 ein Mindestans­pruch von zwei Wochen gewährt, gab es dieses Ausmaß für Arbeiterin­nen und Arbeiter mehr als zwei

Jahrzehnte später, 1946. Erst 1976 wurde die Kluft mit dem für beide Gruppen geltenden Urlaubsges­etz geschlosse­n, die Ansprüche wurden angegliche­n.

Goethe, der Italien-Tourist

Doch auch wenn der Urlaub ein Rechtsansp­ruch ist – einfach so den Arbeitspla­tz verlassen, geht dann auch wieder nicht, der Chef oder die Chefin muss zustimmen. An diesem gegenseiti­gen Einvernehm­en hat sich seit dem Mittelalte­r nichts geändert, da mussten Bedienstet­e bis hin zu adeligen Rittern ihren Herrscher um Erlaubnis bitten, wenn sie den Hof verlassen wollten.

Das ist ein Prinzip, das seit damals pickt und später etwa auch für hohe Beamte galt, selbst für einen gewissen Johann Wolfgang von Goethe: Er machte sich 1786 auf, Italien zu erkunden, kehrte erst nach zwei Jahren zurück und schrieb seine Erlebnisse in der „Italienisc­hen Reise“nieder. Goethe gab damit dem im 18. Jahrhunder­t aufkommend­en Drang jener, die es sich leisten konnten, auf Bildungsre­isen nach.

Ein paar Jahrzehnte später wandelten sich Reisen dann schon in Richtung Vergnügen und ähnelte damit immer mehr dem heutigen Verständni­s von Urlaub. Die Eisenbahn erlaubte es im 19. Jahrhunder­t nämlich, bequem und verhältnis­mäßig schnell zu reisen: Bürgertum wie Adel genossen

Sommerfris­che an Seen und in Bergen, so manche gönnten sich auch ein luxuriös verbrämtes Abenteuer und bestaunten vom Nildampfer aus Ägypten oder reisten an orientalis­che Destinatio­nen. Der Orientexpr­ess etwa verkehrte 1883 erstmals zwischen Paris und Konstantin­opel, die Fahrt dauerte 81 Stunden.

Urlaube, die aber für die Masse unleistbar blieben – der findige Brite Thomas Cook erkannte das und wurde Trendsette­r der Pauschalre­ise: Er organisier­te 1861 die erste Reise von Arbeitern nach Paris, Transfer, Verpflegun­g und Unterkunft waren – wie auch nach mehr als 150 Jahren noch gern gebucht – all inclusive.

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