Lieferketten-Gesetz: Entschärfte Version trifft nur noch große Firmen
Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern müssen Lieferanten kontrollieren: Klagen drohen
Übergangsfristen. Für die einen ist es längst fälliger Schutz für Menschenrechte und Umwelt in den Entwicklungsländern – für die anderen ein Bürokratiemonster, das Europas Unternehmen vor allem mehr Papier produzieren und gegenüber der Konkurrenz aus Übersee den Kürzeren ziehen lässt. Nach monatelangem Tauziehen und mehrfachem Scheitern ist das EU-Lieferkettengesetz startklar. Deutschland und Österreich hatten sich bis zuletzt dagegen gestellt. Die wichtigsten Punkte.
Umwelt und Arbeitsrecht: Das Gesetz verpflichtet Unternehmen dazu, bei ihren Lieferanten die Umstände der Herstellung ihrer Produkte zu kontrollieren. Das betrifft grundsätzliche Arbeitnehmerrechte wie geregelte
Arbeitszeiten und Bezahlung, Menschenrechte wie das Verbot von Kinder- oder Zwangsarbeit und körperlicher Gewalt. Auch der Schutz der Umwelt, etwa durch Verzicht auf verbotene Gifte, und die Bekämpfung des Klimawandels müssen berücksichtigt werden. In welchem Ausmaß ist offen.
Große Unternehmen: Betroffen sind Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 450 Millionen Euro. Eine deutliche Abschwächung zum Gesetzesentwurf, der ab 500 Mitarbeitern gelten sollte. Auch die verschärften Regeln für Risiko-Branchen wie die Textilindustrie sind gestrichen.
Übergangsbestimmungen: Wenn das Gesetz in drei Jahren in Kraft tritt, sollen die Regeln zunächst für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz weltweit gelten. Nach vier Jahren sinkt die Grenze auf 4.000 Mitarbeiter und 900 Millionen Euro.
Lieferanten der Lieferanten: Kontrolliert werden müssen nicht nur die Zulieferer, mit denen man im direkten Kontakt steht, sondern auch deren Lieferanten und so weiter. Das Unternehmen kann aber das Risiko eines Verstoßes selbst einschätzen und daher bei Herkunftsländern mit nachweisbar hohen Standards auf Kontrollen verzichten. Das Gegenteil aber gilt für Hochrisiko-Länder in Afrika oder Asien.
Banken nicht betroffen: Banken und andere InvestmentUnternehmen sind vom Gesetz ausgenommen. Wer also Geld in ein Unternehmen in Übersee steckt, kann nicht für dessen Verfehlungen haftbar gemacht werden.
Klagen in Europa: Unternehmen können von Betroffenen vor dem europäischen Gerichten zur Rechenschaft gezogen werden, wenn es in ihren Lieferketten zu Verstößen gegen Menschenrechte kommt.