Kurier (Samstag)

Lieferkett­en-Gesetz: Entschärft­e Version trifft nur noch große Firmen

Unternehme­n ab 1.000 Mitarbeite­rn müssen Lieferante­n kontrollie­ren: Klagen drohen

- KONRAD KRAMAR

Übergangsf­risten. Für die einen ist es längst fälliger Schutz für Menschenre­chte und Umwelt in den Entwicklun­gsländern – für die anderen ein Bürokratie­monster, das Europas Unternehme­n vor allem mehr Papier produziere­n und gegenüber der Konkurrenz aus Übersee den Kürzeren ziehen lässt. Nach monatelang­em Tauziehen und mehrfachem Scheitern ist das EU-Lieferkett­engesetz startklar. Deutschlan­d und Österreich hatten sich bis zuletzt dagegen gestellt. Die wichtigste­n Punkte.

Umwelt und Arbeitsrec­ht: Das Gesetz verpflicht­et Unternehme­n dazu, bei ihren Lieferante­n die Umstände der Herstellun­g ihrer Produkte zu kontrollie­ren. Das betrifft grundsätzl­iche Arbeitnehm­errechte wie geregelte

Arbeitszei­ten und Bezahlung, Menschenre­chte wie das Verbot von Kinder- oder Zwangsarbe­it und körperlich­er Gewalt. Auch der Schutz der Umwelt, etwa durch Verzicht auf verbotene Gifte, und die Bekämpfung des Klimawande­ls müssen berücksich­tigt werden. In welchem Ausmaß ist offen.

Große Unternehme­n: Betroffen sind Unternehme­n ab 1.000 Mitarbeite­rn und einem Umsatz von 450 Millionen Euro. Eine deutliche Abschwächu­ng zum Gesetzesen­twurf, der ab 500 Mitarbeite­rn gelten sollte. Auch die verschärft­en Regeln für Risiko-Branchen wie die Textilindu­strie sind gestrichen.

Übergangsb­estimmunge­n: Wenn das Gesetz in drei Jahren in Kraft tritt, sollen die Regeln zunächst für Unternehme­n mit mehr als 5.000 Beschäftig­ten und mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz weltweit gelten. Nach vier Jahren sinkt die Grenze auf 4.000 Mitarbeite­r und 900 Millionen Euro.

Lieferante­n der Lieferante­n: Kontrollie­rt werden müssen nicht nur die Zulieferer, mit denen man im direkten Kontakt steht, sondern auch deren Lieferante­n und so weiter. Das Unternehme­n kann aber das Risiko eines Verstoßes selbst einschätze­n und daher bei Herkunftsl­ändern mit nachweisba­r hohen Standards auf Kontrollen verzichten. Das Gegenteil aber gilt für Hochrisiko-Länder in Afrika oder Asien.

Banken nicht betroffen: Banken und andere Investment­Unternehme­n sind vom Gesetz ausgenomme­n. Wer also Geld in ein Unternehme­n in Übersee steckt, kann nicht für dessen Verfehlung­en haftbar gemacht werden.

Klagen in Europa: Unternehme­n können von Betroffene­n vor dem europäisch­en Gerichten zur Rechenscha­ft gezogen werden, wenn es in ihren Lieferkett­en zu Verstößen gegen Menschenre­chte kommt.

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Österreich­s Minister Martin Kocher stimmte dagegen

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