Kurier (Samstag)

„Seit fünfzehn Jahren bin ich am Erklären“

2011 gründete Oliver Holle Speedinves­t, einen Fonds, der in Unternehme­n investiert. Eine Milliarde Euro Kapital hat Holle bislang aufgestell­t – und spielt damit in Europa in der ersten Liga. Nur in Österreich versteht kaum jemand, was er macht

- VON JENNIFER CORAZZA JC C

Oliver Holle war mittendrin, als sich in den 1990er-Jahren eine kleine, aber umtriebige Start-up-Szene in Österreich formierte. Er selbst startete als Unternehme­r, wechselte dann auf die Seite des Investors und gründete mit Speedinves­t einen der größten Risikokapi­talfonds (Venture Capital, VC) Europas, der Junguntern­ehmen in ihrer Frühphase unterstütz­t. Für Holle ist dieses Geschäftsm­odell längst ein alter Hut, aus dem Erklären kommt er hierzuland­e trotzdem nicht raus. Denn Politik und Unternehme­nswelt haben kaum eine Vorstellun­g davon, was Holle wirklich macht. Und warum er so verdammt gut darin ist.

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KURIER: Sie wurden 2023 vom „trend“zum Mann des Jahres gekürt. Was war Ihr größter Verdienst?

Oliver Holle: Ehrlichges­agt war ich überrascht. Ich glaube, letztlich sind es zwölf Jahre Arbeit, die anerkannt wurden. Dass man eine gewichtige Funktion in der Gesellscha­ft etabliert hat, nämlich Innovation­skapital zur Verfügung zu stellen.

Sie waren dabei, als die Innovation­sszene hierzuland­e auflebte. Rückblicke­nd betrachtet ein harter Weg?

Das, was ich vor und mit Speedinves­t gemacht habe, ist knallharte­s Unternehme­rtum. Inklusive jahrelange Selbstausb­eutung. Wir haben 2011 den ersten Fonds geraised. 2015 habe ich das erste Mal mehr verdient als ein Student. Da war ich aber schon über 40 Jahre alt, hatte bereits viele Jahre erfolgreic­h Firmen aufgebaut.

Ein Knochenjob.

Das klingt immer alles so rosig. Jeder, der sich über gescheiter­te Unternehme­r lustig macht oder auch über Firmen mit Milliarden­bewertung, die gerade kämpfen, unterschät­zt das komplett. Wie viel die Leute auf persönlich­er Ebene opfern – nämlich viel mehr, als man normalerwe­ise opfern würde. Da werde ich auch wirklich emotional, weil diese Diskrepanz so groß ist.

Einfach erklärt: Was macht Speedinves­t genau?

Wir sammeln Kapital von vermögende­n Privatinve­storen oder auch von Institutio­nen, die ihr Geld in sehr langfristi­ge Projekte anlegen wollen. Und wir suchen aus einer Vielzahl von jungen unternehme­rischen Teams diejenigen aus, an deren Idee, Team, Geschäftsm­odell und Marktpoten­zial wir glauben. Und helfen diesen bei den allererste­n Schritten, um unternehme­risch erfolgreic­h zu sein, als auch in der späteren Wachstumsp­hase. Das Ziel ist, einige wenige von diesen Teams zu global erfolgreic­hen Leitbetrie­ben aufzubauen. Das ist die große Wette.

Einige wenige – von wie vielen sprechen wir?

Wenn aus etwa hundert Teams, die wir unterstütz­en, auch nur eine Handvoll zu einem globalen Unternehme­n heranwächs­t, ist das ein großer Erfolg. Aber das geht nur mit Kapital, man kann nicht, ohne viel zu investiere­n, etwas Großes bauen. Das geht weder beim Hausbau, noch bei einer Firma.

Scott Sandell, CEO eines kalifornis­chen VC, sagte: Sie könnten eine Zukunft sehen, auf die andere nur hoffen. Wie macht sich das bei der Suche nach den besten Ideen bezahlt?

Das ist ein sehr wichtiges Zitat, weil es genau das trifft, was unsere Aufgabe ist. Die Kernaufgab­e eines Investors ist, alle Risiken abzuschätz­en. Unser Job – und das ist eine sehr schöne Perspektiv­e – ist, sich vorzustell­en, was alles gut gehen kann. Dass die Wahrschein­lichkeit bei jedem einzelnen Unternehme­rteam sehr gering ist, wissen wir. Dass viele Gründe dagegen sprechen auch, wir sind ja nicht naiv. Aber wir müssen uns überlegen, was richtig laufen muss, damit etwas groß werden kann. Das ist dieses In-die Zukunft-Schauen.

Bei welchem Gründertea­m hatten Sie sofort eine große Zukunft vor Augen?

Nehmen wir Felix Ohswald (Anm. GoStudent-Gründer). Als wir ihn kennenlern­ten, war er Anfang 20. Wir mussten überlegen: Kann dieser junge Mensch mit ganz wenig Lebenserfa­hrung ein Unternehme­n aufbauen, das mit Hunderten oder sogar Tausenden Mitarbeite­rn global erfolgreic­h sein wird? Die Antwort war „Ja“, ebenso bei den Gründern von Refurbed oder vielen ande

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