Kerschbaum fiel an den Iden des März
Schwere Vorwürfe um Kulturbetrieb: Dietmar Kerschbaum, Intendant des Brucknerhauses in Linz, und dessen kaufmännischer Geschäftsführer Rainer Stadler wurden mit sofortiger Wirkung freigestellt
Letztlich war die Entscheidung des Aufsichtsrats der LIVA – einer Tochtergesellschaft der Stadt Linz, zu der das Brucknerhaus gehört – keine Überraschung. Denn der Aufsichtsratsvorsitzende, SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger, hatte schon in den Tagen zuvor angesichts der vielen Vorwürfe Konsequenzen angekündigt. Und diese Konsequenzen sind die Freistellung des künstlerischen Leiters und Intendanten des Brucknerhauses, Tenor Dietmar Kerschbaum, und des bisherigen kaufmännischen Geschäftsführers Rainer Stadler.
Letzterer deshalb, weil dieser über alle jetzt zur Diskussion stehenden Vereinbarungen nicht nur Bescheid gewusst habe, sondern diese im Vieraugenprinzip auch unterzeichnet hatte.
Die Liste der Vorwürfe ist jedenfalls lang, und die Vorwürfe wiegen schwer. „Das sind keine Kavaliersdelikte“, sagte der Linzer SPÖ-Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Luger (SPÖ) dazu. Ausgangspunkt ist der Vorwurf, Dietmar Kerschbaums Bestellung zum künstlerischen Leiter des Brucknerhauses im Jahr 2017 sei geschoben gewesen. Er hat die Fragen für das Hearing vorab erhalten – und auch angesehen. Das bestreitet er nicht. Dieser Vorwurf ist Luger seit Ende November bekannt.
Keine Information
Luger hatte dazu ein Rechtsgutachten beauftragt, den Aufsichtsrat allerdings bei einer Sitzung am 15. Dezember darüber bewusst nicht informiert. Deshalb steht auch Luger selbst in der Kritik.
Zum Gutachten meinte Luger: Dass Kerschbaum die Unterlagen erhalten habe, sei nicht straf bar, der Versand selbst schon. Dass Schadenersatzansprüche von Bewerbern geltend gemacht werden könnten, die nicht zum Zug gekommen waren, schließe das Gutachten aus, erklärte Luger.
Luger und Kerschbaum sind übrigens erst vorige Woche von einem Werbetrip für das Brucknerjahr aus New York zurückgekommen. Während dieser Reise sind neue Vorwürfe aufgetaucht, wie die Selbst-Engagements Kerschbaums im eigenen Haus zu Top-Konditionen, aber auch, dass Kerschbaum für die künstlerische Programmierung trotz großen Mitarbeiterstabes eine externe Agentur – Opus3 – engagiert hat. Auch seine Nebentätigkeiten stehen jetzt zur Debatte.
Zur Beauftragung der Agentur meinte Luger in seiner Stellungnahme, ein solches Konstrukt sei für ein Haus wie das Brucknerhaus eher unüblich. Deshalb werde dieser Vertrag – von dessen Bestehen Luger schon länger wusste – auch in alle Richtungen überprüft. Beschlossen wurde auch, dass die LIVA einer Compliance-Überprüfung unterzogen wird. Luger: „Wir schauen, ob wir bessere Regeln brauchen.“
Dazu kommt erneut Kritik am persönlichen Umgang Kerschbaums mit Mitarbeitern und Künstlern, ebenso an seinem als „verschwenderisch“bezeichneten wirtschaftlichen Führungsstil. Letzteres ist allerdings nicht ganz neu: Ein Kontrollamtsbericht aus dem Vorjahr machte das bereits öffentlich, die Konsequenzen hielten sich im Rahmen. Nur ein neuer wirtschaftlicher Geschäftsführer wurde Kerschbaum mit 1. März zur Seite gestellt.
Auf die Frage, ob Intendant Kerschbaum nach Klärung aller Vorwürfe, egal welches Ergebnis diese bringen, überhaupt noch tragbar sei, meinte Luger: „Eine Freistellung ist keine Vorverurteilung.“Deshalb habe man diesen Weg gewählt, Kerschbaum habe zugesichert, an der Aufklärung mitzuwirken.