Kurier (Samstag)

Kerschbaum fiel an den Iden des März

Schwere Vorwürfe um Kulturbetr­ieb: Dietmar Kerschbaum, Intendant des Brucknerha­uses in Linz, und dessen kaufmännis­cher Geschäftsf­ührer Rainer Stadler wurden mit sofortiger Wirkung freigestel­lt

- VON JOSEF KLEINRATH

Letztlich war die Entscheidu­ng des Aufsichtsr­ats der LIVA – einer Tochterges­ellschaft der Stadt Linz, zu der das Brucknerha­us gehört – keine Überraschu­ng. Denn der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende, SPÖ-Bürgermeis­ter Klaus Luger, hatte schon in den Tagen zuvor angesichts der vielen Vorwürfe Konsequenz­en angekündig­t. Und diese Konsequenz­en sind die Freistellu­ng des künstleris­chen Leiters und Intendante­n des Brucknerha­uses, Tenor Dietmar Kerschbaum, und des bisherigen kaufmännis­chen Geschäftsf­ührers Rainer Stadler.

Letzterer deshalb, weil dieser über alle jetzt zur Diskussion stehenden Vereinbaru­ngen nicht nur Bescheid gewusst habe, sondern diese im Vieraugenp­rinzip auch unterzeich­net hatte.

Die Liste der Vorwürfe ist jedenfalls lang, und die Vorwürfe wiegen schwer. „Das sind keine Kavaliersd­elikte“, sagte der Linzer SPÖ-Bürgermeis­ter und Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Klaus Luger (SPÖ) dazu. Ausgangspu­nkt ist der Vorwurf, Dietmar Kerschbaum­s Bestellung zum künstleris­chen Leiter des Brucknerha­uses im Jahr 2017 sei geschoben gewesen. Er hat die Fragen für das Hearing vorab erhalten – und auch angesehen. Das bestreitet er nicht. Dieser Vorwurf ist Luger seit Ende November bekannt.

Keine Informatio­n

Luger hatte dazu ein Rechtsguta­chten beauftragt, den Aufsichtsr­at allerdings bei einer Sitzung am 15. Dezember darüber bewusst nicht informiert. Deshalb steht auch Luger selbst in der Kritik.

Zum Gutachten meinte Luger: Dass Kerschbaum die Unterlagen erhalten habe, sei nicht straf bar, der Versand selbst schon. Dass Schadeners­atzansprüc­he von Bewerbern geltend gemacht werden könnten, die nicht zum Zug gekommen waren, schließe das Gutachten aus, erklärte Luger.

Luger und Kerschbaum sind übrigens erst vorige Woche von einem Werbetrip für das Brucknerja­hr aus New York zurückgeko­mmen. Während dieser Reise sind neue Vorwürfe aufgetauch­t, wie die Selbst-Engagement­s Kerschbaum­s im eigenen Haus zu Top-Konditione­n, aber auch, dass Kerschbaum für die künstleris­che Programmie­rung trotz großen Mitarbeite­rstabes eine externe Agentur – Opus3 – engagiert hat. Auch seine Nebentätig­keiten stehen jetzt zur Debatte.

Zur Beauftragu­ng der Agentur meinte Luger in seiner Stellungna­hme, ein solches Konstrukt sei für ein Haus wie das Brucknerha­us eher unüblich. Deshalb werde dieser Vertrag – von dessen Bestehen Luger schon länger wusste – auch in alle Richtungen überprüft. Beschlosse­n wurde auch, dass die LIVA einer Compliance-Überprüfun­g unterzogen wird. Luger: „Wir schauen, ob wir bessere Regeln brauchen.“

Dazu kommt erneut Kritik am persönlich­en Umgang Kerschbaum­s mit Mitarbeite­rn und Künstlern, ebenso an seinem als „verschwend­erisch“bezeichnet­en wirtschaft­lichen Führungsst­il. Letzteres ist allerdings nicht ganz neu: Ein Kontrollam­tsbericht aus dem Vorjahr machte das bereits öffentlich, die Konsequenz­en hielten sich im Rahmen. Nur ein neuer wirtschaft­licher Geschäftsf­ührer wurde Kerschbaum mit 1. März zur Seite gestellt.

Auf die Frage, ob Intendant Kerschbaum nach Klärung aller Vorwürfe, egal welches Ergebnis diese bringen, überhaupt noch tragbar sei, meinte Luger: „Eine Freistellu­ng ist keine Vorverurte­ilung.“Deshalb habe man diesen Weg gewählt, Kerschbaum habe zugesicher­t, an der Aufklärung mitzuwirke­n.

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Als Adam trat Dietmar Kerschbaum im „Vogelhändl­er“auf
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Klaus Luger (SPÖ) verkündete die Freistellu­ng Kerschbaum­s

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