„Der Wettbewerb verschärft sich“
SATEL-Film-Chef Heinrich Ambrosch erzählt, wie „Nachts im Paradies“zu Canal+ kam, über Sensibilitäten bei der „Pief ke Saga“-Fortsetzung und nächste (Groß-)Projekte
Mit „Nachts im Paradies“mit Jürgen Vogel und Birgit Minichmayr zeigt die Wiener SATEL Film erneut als (Co-)Produzentin einer Streaming-Serie auf. Von Matthias Glasner („Das Boot“) inszeniert, ist sie soeben als erste deutschsprachige Canal+Original-Serie gestartet.
Geplant war aber anderes – womit „Nachts im Paradies“auch beispielhaft für den sich wandelnden Markt der Streaming-Plattformen steht.
„Nachts im Paradies“fußt auf einer dunklen Graphic Novel Frank Schmolkes. „Er ist Illustrator und selbst lange Taxi gefahren ist. Er kennt also die Welt, in der die Hauptfigur Vincent unterwegs ist“, erzählt SATEL-Chef Heinrich Ambrosch. Vincent trifft im sterbenden Taxler-Beruf auf eine untergehende Welt, in der er um seine Würde kämpft und um die durch die Clubs ziehende Tochter. „Daraus ergibt sich eine spannende Reise durch die Nacht, die auch Reminiszenzen an Jarmuschs ,Night on Earth‘ und dergleichen beinhaltet.“
Plötzlicher Abgang
Die nach „Freud“zweite CoProduktion mit Moritz Polter (Windlight Pictures) war als erste deutschsprachige Serie des US-Streamers Starzplay konzipiert. Der wurde im Frühherbst 2022 zunächst in Lionsgate+ umbenannt. Wenig später kam die Meldung, dass man sicht aus Kontinentaleuropa zurückzieht. „Wir hatten damit von einem Tag auf den anderen keinen deutschsprachigen TV- oder Streaming-Partner mehr.“Umso glücklicher sei man deshalb gewesen, als es nach einiger Zeit zu Gesprächen mit Canal+ Österreich kam.
„Wir haben in den vergangenen fünf Jahren von The Golden Age gesprochen“, sagt Ambrosch. Diese Hochkonjunktur für Streamer und die Produzenten ist aber vorbei.
Die Konsolidierungsphase sei mit den Zinserhöhungen losgebrochen. „Gleichzeitig führt die Inflation dazu, dass Haushalte verstärkt aufs Budget achten“, erläutert der Wiener. Das Ergebnis ist ein Verdrängungswettbewerb.
„Für Canal+ Österreich ist da ,Nachts im Paradies‘ ein Alleinstellungsmerkmal, ein Programm, das man so nicht überall zu sehen bekommt“, ist der 58-Jährige überzeugt. Er räumt aber ein, es sei nun schwieriger, vor allem größere Projekte zu entwickeln und dafür Partner zu finden. „Der Wettbewerb verschärft sich.“
Nun zeige sich, „wie wichtig verlässliche Sender-Partner wie die Öffentlich-Rechtlichen für die Branche sind.“
SOKO und Servus
Die SATEL verbindet man mit lang laufenden ZDF/ORF- Serien und Reihen. „Bei , SOKO Donau‘ laufen bereits die Vorbereitungen für die nächste Staffel.“Soeben war in ORF 1 der erste Teil der 18. Staffel zu sehen. Mit „Die Toten von Salzburg – Süßes Gift“konnte man jüngst auch in Deutschland einen Erfolg (Marktanteil 26 Prozent) feiern. „Das ist wirklich herausragend und entsprechend werden wir natürlich weitermachen“, sagt Ambrosch. Den Teichtmeister-Schock hat das Publikum offenbar verdaut. „Es zahlt sich jetzt aus, dass wir konsequent reagiert haben.“
In Österreich produziert man auch für ServusTV: Der nächste Aufschlag wird „Der Metzger – Mordstheater“, wieder mit Simon Schwarz. Folge 1, „Der Metzger traut sich“, wurde auch von der Kritik angenommen und war als einzige Produktion eines deutschsprachigen Privaten bei der renommierten TeleVisionale Baden-Baden geladen.
„Das war, glaube ich, auch für Servus TV etwas Besonderes.“
Nicht positiv waren hingegen Berichte von Machtmissbrauch bei einer anderen ServusTV- Produktion. Trotzdem meint Ambrosch, dass die Branche diesbezüglich heute „ein sehr viel größeres Bewusstsein“hat. Bei der SATEL gebe es z. B. sehr strikte Regeln für den Umgang am Set und stets Ansprechpartner. Er ortet auch bei den Sendern „eine hohe Sensibilität für das Thema.“
Touristiker-Bangen
Sensibilität ganz anderer Art gibt es bei der geplanten „Pief ke Saga“-Fortsetzung. „Sie wird jedenfalls 2024 nicht umgesetzt. Wir mussten feststellen, dass die Angst des Tourismus vor der Marke ,Pief ke Saga‘ weiter relativ groß ist, was meiner Meinung nach völlig unbegründet ist“, sagt Ambrosch. Man arbeite daran, das hinzubekommen.
Am Werden ist das Serien-Projekt „Mozart“, das eine Zusammenarbeit mit seinem Bruder, dem preisgekrönten Drehbuchautor Martin Ambrosch, bringen würde. „So große historische Projekte sind derzeit sehr schwierig in den Markt zu bringen. Wir haben da jetzt aber auch keinen Zeitdruck – ,Mozart‘ wird nicht alt.“
Unmittelbar vor der Umsetzung steht hingegen offenbar „1814 – Vienna Game“über den Wiener Kongress, das Produzentin Bettina Kuhn entwickelt hat. „Dieses Projekt ist sehr weit gediehen, es gibt dafür auch einen Partner. Wegen weiterer Informationen bitte ich noch um ein wenig Geduld“, so Ambrosch.
Eine Rückkehr der SATEL kündigt sich indes im KinoBereich an, der durch die neue Fördersituation in Österreich frische Impulse bekommen hat. Ambrosch: „Es gibt ein Projekt, das wir uns gemeinsam mit einem deutschen Partner überlegen. Es könnte durchaus sein, dass wir in zwei, drei Jahren ein Kino-Comeback geben.“