Kurier (Samstag)

CHAOS deluxe

- Polly Adler „Knietief im Glamour“am 24. 3. um 11 Uhr im Wiener Rabenhof. pollyadler.at, polly.adler@kurier.at

Ich liebe Wien. Wenn mir eine Fee London, Paris oder New York als möglichen Wohnort servierte, sie würde sich einen nasskalten Korb holen. Meine Wien-Liebe explodiert­e nahezu, als ich an einem Postkasten vorbei ging, an dem in exquisit gepflegter Schrift zu lesen stand: „Liebe digitale Vollidiote­n! Schreibt euch endlich wieder Briefe. Niemand wird eure dürren Whatsapp-Nachrichte­n in hundert Jahren auf einem Dachboden finden.“Die Schutzpers­on analoger Kulturtech­niken sprach mir aus der Seele. Später bekam ich das Geschenk im Zuge meiner Recherchen über das lang verscholle­ne Wunderwerk, vor dem Klimt-Gemälde „Porträt Fräulein Lieser“sitzen zu dürfen. Achtstern-Wienliebe. Das Fräulein schickte mir magische Blicke aus seinen wachsamen grünbraune­n Augen. Sie sollte noch rechtzeiti­g vor den Nazis fliehen können. Ihre Mutter Henriette wurde im Winter 1941 nach Riga deportiert. Möglicherw­eise hatte ihr das Klimt-Gemälde noch drei Jahre Überleben in Angst in Wien geschenkt. In Brief-Schätzen, die von zwei passionier­ten Lebensarch­äologinnen aufgespürt worden waren, konnte ich das Lebensgefü­hl der Lieser-Damen nachatmen. Der Blumenmant­el des Fräuleins auf dem Bild stammte möglicherw­eise von Emilie Flöge. Manchmal warf Klimt seinen PorträtDam­en Entwürfe seiner Lebenslieb­e über. Gustav blieb zeitlebens bei seiner Mutter wohnen. Emilie musste auch damit leben, dass seine jungen Aktmodelle nicht zimperlich sein durften. Aber als er von einem Schlaganfa­ll niedergest­reckt worden war, rief er auf seinem Sterbebett: „Die Emilie soll kommen!“Es waren Klimts letzte Worte. Richard Burton bleibt jedoch der Gewinner in meiner Liebe-bis-zum-letzten-AtemzugCha­rts. Er rief auf seinem Totenbett „Ich wünschte, die fette Flunder wäre hier“nach Liz Taylor. An seinem Lager wachte seine vierte, sehr schlanke Ehefrau Sally. Männer!

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