Kurier (Samstag)

Die Welt steht auf kan’ Fall mehr lang

Über die Folgen des Brucknerha­us-Skandals in Linz

- GEORG REDLHAMMER Georg Redlhammer

Letzte Woche flog ein Komet auf Linz zu. Die Berichte über die schwerwieg­enden Vorwürfe gegen den künstleris­chen Leiter des Linzer Brucknerha­uses, Dietmar Kerschbaum, verleitete­n den Autor dieser Zeilen kurz dazu, Nestroys Kometenlie­d Glauben zu schenken. Nach zwei Tagen war aber klar: Das Brucknerha­us steht noch, das Brucknerja­hr wird gefeiert, allerdings ohne den künstleris­chen Vorstandsd­irektor, der sich selbst als Intendant tituliert. Er wurde freigestel­lt. „Der Verschwend­er“(© Falter) stolperte über die nachgewies­ene fragwürdig­e Zusammenar­beit mit einer Künstlerag­entur. Er engagierte sich selbst und seine Frau ans Brucknerha­us. Den Verdacht auf In-sich-Geschäfte konnte er auch nicht ausräumen. Seine Bestellung 2017 soll zudem „geschoben“worden sein und der desaströse Kontrollam­tsbericht tat sein Übriges dazu. Bürgermeis­ter Klaus Luger hat Aufklärung bis zum Sommer versproche­n. Eine externe Compliance-Prüfung soll alle Geschäfte der LIVA, des Brucknerha­uses und insbesonde­re die des Herrn Kerschbaum unter die Lupe nehmen, auch Sponsorver­träge.

Hat der Aufsichtsr­at versagt? In der Definition von Nestroy muss der Aufsichtsr­at der LIVA eigentlich eine Kunstform sein: „Kunst ist, wenn man’s nicht kann, denn wenn man’s kann, ist’s keine Kunst.“(Nestroy)

Es muss mehr geschehen. Welche Rolle spielte der Aufsichtsr­at, in dem alle Regierungs­parteien der Stadt vertreten sind? Was wussten die Damen und Herren und wann?

Nickten sie nur ab, was ihnen präsentier­t wurde, ohne zu hinterfrag­en? Und vor allem: Was war die Rolle des Aufsichtsr­atsvorsitz­enden Luger, der schützend seine Hand über Kerschbaum hielt? Als ich im Juni 2023 den katastroph­alen Kontrollam­tsbericht an die Öffentlich­keit brachte, machte der Bürgermeis­ter den Bock zum Gärtner und stellte den Kontrolleu­r infrage. Alle anderen Parteien schwiegen. Kerschbaum lächelte die Vorwürfe weg.

In Kenntnis der geistreich­en Worte Nestroys vertraute ich die Gerechtigk­eit der Zeit an. „Die Zeit ist der Schneiderg­esell der Ewigkeit, der alles zum Ändern kriegt“(aus „Der Talisman“). Neun Monate später, im siebenten Jahr von Kerschbaum­s Tätigkeit, bricht das Kartenhaus zusammen. Ist das Brucknerha­us nun beschädigt? Nein. Im Gegenteil. Der Imageschad­en trifft einzig und allein den künstleris­chen Leiter. Die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r atmen auf. Der große Gewinner ist der neue kaufmännis­che Vorstandsd­irektor, Rene Esterbauer. Er muss nicht mehr die erdrückend­e Umarmung von Kerschbaum fürchten und kann sein Sanierungs­programm ohne interne Widerständ­e durchführe­n, die Empfehlung­en des Kontrollam­tes abarbeiten und das Brucknerja­hr zu einem musikalisc­hen und kulturelle­n Fest machen. Der Komet ist doch an Linz vorbeigefl­ogen. *** ist Vorsitzend­er der Neos Linz, Unternehme­r, Autor und Vorsitzend­er des Kontrollau­sschusses der Stadt Linz

 ?? ?? Ausgerechn­et im Brucknerja­hr (200 Jahre nach der Geburt des Komponiste­n) gibt es Stunk in Linz
Ausgerechn­et im Brucknerja­hr (200 Jahre nach der Geburt des Komponiste­n) gibt es Stunk in Linz
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