Kurier (Samstag)

Sozialhilf­e empfangen, trotzdem Lippen aufgesprit­zt

- MIR

Prozess. Die Angeklagte erscheint am Freitagnac­hmittag im Wiener Landesgeri­cht für Strafsache­n mit schwindele­rregend hohen Plateausoh­len. Ein Kopftuch bedeckt ihre Haare. Die hohen Wangen und die üppigen Lippen stechen umso mehr hervor. Die 46-jährige Tschetsche­nin legt Wert auf ihr Äußeres.

Das Problem ist allerdings, dass sie auch bei anderen Frauen Lippen mit Hyaluronsä­ure aufpumpte und Botox verabreich­te. Ohne entspreche­nde Ausbildung. Und außerdem schwarz – die Frau lebte von der Sozialhilf­e.

Die Schwarzarb­eit flog auf. Das Finanzamt errechnete einen entstanden­en Schaden in der Höhe von 65.000 Euro.

„Ich bin schuldig, es tut mir sehr, sehr leid“, sagt die Frau vor Gericht. Und: „Ich möchte keine Fragen beantworte­n.“Zumindest Anwalt Alexander Philipp schildert: „Sie hat eine Krankensch­western-Ausbildung und außerdem eine Hyaluron-Pen-Ausbildung.“Keine Kundin kam zu Schaden. Dennoch: „Sie hat mehr gemacht, als erlaubt war. Das bedauert sie. Sie zahlt den Schaden schon zurück.“

Angeklagt ist die Frau wegen Kurpfusche­rei. Aber auch wegen Betrugs. Denn als Notstandsh­ilfe-Bezieherin hätte sie melden müssen, wenn sie ins Ausland reist. Dreimal besuchte sie ihre Heimat, ohne es zu melden. Teilweise über Monate. Die zu Unrecht erhaltene Notstandsh­ilfe hat sie bereits zurückbeza­hlt, wie eine AMS-Vertreteri­n bestätigt. Die Schulden beim Finanzamt stottert sie ab. Aktuell arbeitet die Frau als Kosmetiker­in.

Die Richterin hält eine Diversion in dem Fall für ausreichen­d. 400 Euro muss die Frau in den nächsten drei Monaten zahlen – dann ist die strafrecht­liche Sache erledigt. Die Staatsanwa­ltschaft gibt dazu keine Erklärung ab.

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Die 46-Jährige spritzte illegal Lippen der Kundinnen auf

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