Kurier (Samstag)

Nationalba­nk rechnet auch für heuer mit Milliarden­verlust

Hohe Zinsen für Geschäftsb­anken als Grund. OeNB will mehr Bankomaten

- VON ROBERT KLEEDORFER

Um die hohe Inflation im Euroraum zu drosseln, hat die Europäisch­e Zentralban­k Mitte 2022 begonnen, die Leitzinsen schrittwei­se von null auf aktuell 4,5 Prozent anzuheben. Das führte dazu, dass die jeweiligen Nationalba­nken ihrerseits für Einlagen der Geschäftsb­anken nun höhere Zinsen zahlen müssen. Bei der Oesterreic­hischen Nationalba­nk (OeNB) sind dies für insgesamt 84 Milliarden Euro im Durchschni­tt 3,38 Prozent. Umgekehrt hat die OeNB 114 Milliarden Euro an Wertpapier­en im Portfolio, zum Teil schon länger und daher zu schlechten Konditione­n. Hier beträgt der durchschni­ttliche Zinssatz nur 0,44 Prozent. Das führt zu einer finanziell­en Schieflage, unterm Strich ergibt dies den ersten Bilanzverl­ust in der Geschichte der OeNB. Konkret liegt dieser bei 2,21 Milliarden Euro.

Und so schnell dürfte sich die Lage nicht bessern. Für heuer rechnet OeNB-Direktor Thomas Steiner mit einem „ähnlich großen Verlust“. Die Bank werde erst in den späten 2030er, frühen 2040er-Jahren wieder einen Gewinn an die Republik ausschütte­n, denn in den nächsten Jahren müsse dieser zur Abdeckung vergangene­r Verluste herangezog­en werden.

OeNB-Gouverneur Robert Holzmann ist dennoch „entspannt“. Denn OeNB und Finanzmini­sterium seien als Einheit zu betrachten. „Wir sind kein normales Unternehme­n, Zentralban­ken haben andere Spielregel­n, sie können negatives Eigenkapit­al fortschrei­ben.“Und die OeNB befindet sich laut Steiner damit in bester Gesellscha­ft, denn das Problem betreffe viele Zentralban­ken weltweit, etwa auch die Deutsche Bundesbank.

Für die Bürger besteht Steiner zufolge „kein Grund zur Sorge, die Abschlussp­rüfer sind hochzufrie­den, es gibt keine Bedenken zur Gesamtsitu­ation der Bank.“Wäre die OeNB eine Geschäftsb­ank, „müssten wir nicht so viel Zinsen zahlen“.

Hier hakt Holzmann ein. Er wiederholt­e bei der Präsentati­on der Bilanz seine Forderung, dass die Banken mehr Geld unverzinst bei den Notenbanke­n als Mindestres­erve anlegen. Derzeit liegt diese Reserve im Euroraum bei einem Prozent der Kundeneinl­agen. Für Holzmann wären 5 bis 10 Prozent vorstellba­r, so wie es vor der Einführung des Euro war und heute noch etwa in Tschechien so sei. Freilich, aus Sicht der Geschäftsb­anken wäre es eine Art Steuer.

Bankomat-Offensive

Seit Längerem bemüht sich die OeNB gemäß ihres Versorgung­sauftrags um den Erhalt von Bargeld. Darunter fällt auch die Versorgung über Bankomaten. Die Zahl der Geräte ging jedoch laut OeNB-Daten von 2022 auf 2023 um 510 auf 8.655 Bankomaten zurück. Seit 2021 sinke die Zahl kontinuier­lich. Die OeNB hat daher ein „Bargeld-Board“ins Leben gerufen, in dem gemeinsam mit den Geschäftsb­anken Fragen rund um die Bargeldver­sorgung erörtert werden. Bezüglich Bankomaten soll bis Sommer ein Grundverso­rgungsmode­ll entwickelt werden. Diese zielt laut OeNBDirekt­or Eduard Schock nicht primär auf die Anzahl der Geräte im Land ab, sondern stellt ihre leichte Erreichbar­keit in den Mittelpunk­t. So sollen zwei Drittel der Bevölkerun­g ein Gerät innerhalb eines Kilometers erreichen, 83 Prozent in einem Radius von maximal fünf Kilometern.

Personalia

Wie mehrere Medien berichtete­n, werden die Posten des gesamten Vorstandes frühzeitig ausgeschri­eben, obwohl die Verträge erst sukzessive nächstes Jahr auslaufen. Begründet wird dies mit den Nationalra­tswahlen im Herbst. Die türkis-grüne Regierung wolle die Personalia offenbar noch davor selbst entscheide­n. Holzmann bestätigte die Berichte, ging aber auf die Causa nicht näher ein.

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OeNB-Gouverneur Holzmann: „Sind kein normales Unternehme­n“

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