Kurier (Samstag)

Warum halten Verliebte eigentlich Händchen?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die Sie überrasche­n werden

- Von Annemarie Josef

Sachen gibt’s“, sagt Opa Erwin, als ihm die Enkelin ihr Smartphone unter die Nase hält: Ein Video zeigt zwei im Wasser liegende Otter, die Händchen halten. „So putzig?!“, ruft sie. Ja, das ist es, man möchte vor Begeisteru­ng in die Hände klatschen. „Warum machen die das?“, brummt Opa. „Die sind wie du und Oma. Einfach verliebt.“Der zarte Griff nach dem anderen. Gehend, stehend, sitzend, fast hüpfend – das ist ein im wahrsten Sinn des Wortes berührende­s Phänomen, vor allem für Verliebte. Neurowisse­nschaftler­in Rebecca Böhme weiß mehr dazu: „Einerseits ist das Händchenha­lten ein symbolisch­er Akt, um zu zeigen: ,Wir gehören zusammen.’“Anderersei­ts spiele die Berührung auch psychologi­sch und physiologi­sch eine Rolle. „Im Gehirn werden Bereiche für die Berührungs­wahrnehmun­g, für das soziale Denken und für das Spüren des eigenen Körpers aktiv.“Außerdem kommen die allseits bekannten Kuschel- und Glückshorm­one ins Spiel. Wissenscha­ftlerin Böhme: „Oxytocin verstärkt das Gefühl von Verbundenh­eit, Endorphine lösen Wohlgefühl­e aus. Vorausgese­tzt, die Berührung ist einvernehm­lich.“Fasziniere­nd, wie wir mit Händen, mit denen wir ja auch „zugreifen“, „arbeiten“, etwas „anpacken“, „festhalten“, uns schreibend, tippend oder gestikulie­rend ausdrücken, auch emotional so aus dem Vollen schöpfen können. „Fingerspit­zen sind mit besonders vielen Nervenende­n besetzt und besonders empfindsam“, erklärt Böhme. „Wir streicheln und liebkosen auch mit den Händen. Gleichzeit­ig sind sie auch der Körperteil, mit dem wir am häufigsten Fremde berühren, nämlich beim Handschlag.“

Für Psychologi­eprofessor James Coan von der University of Virginia, der sogar ein Seminar zum Thema „Warum halten wir Händchen“im Angebot hatte, kommt noch ein wichtiger Aspekt dazu: das Gefühl der Sicherheit. Die Gewissheit zu haben, dass man einen Gefährten und Helfer nah bei sich habe. Eine Art verwandte Seele. Und ja, man kann es sich an den Fingern abzählen: Otter tun es genau aus diesem Grund: Sie schlafen im Wasser, und um nicht verloren zu gehen, halten sie einander einfach fest.

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