Kurier (Samstag)

Heimlicher Umzug der Wiener Spitäler-Chefs wirft Fragen auf

Die Wigev-Generaldir­ektion residiert jetzt auf dem AKH-Gelände

- VON CHRISTIAN MAYR

Die Aussicht vom Dachgescho­ß muss phänomenal sein: Im Süden tauchen die Türme von Votivkirch­e, Rathaus und Stephansdo­m auf, nach Norden hin die sanften Hügel des Wienerwald­s, von der Jubiläumsw­arte bis zum Leopoldsbe­rg. Kein Vergleich jedenfalls zum bisherigen Standort in Erdberg mit Tangente und den vielen Hochhäuser­n, die den Ausblick verstellen.

Für die Chefs des Wiener Gesundheit­sverbunds (Wigev) bringt der Umzug in die Beletage eines generalsan­ierten Gebäudes auf dem AKHGelände wahrlich Vorteile. Doch der Exodus der Generaldir­ektion hat eine seltsame Optik und wirft einige Fragen auf, zumal er völlig im Geheimen stattfand, nie öffentlich kommunizie­rt worden war. Obwohl der Bezug des Meter hohen ehemaligen Personalwo­hnheims („Schwestern­turm“) bereits vor einigen Wochen stattfand, lautet der Dienstort der Generaldir­ektion laut Homepage nach wie vor: 1030 Wien, Thomas-Klestil-Platz 7/1.

Betreten verboten!

Der wahre Dienstort ist jedoch zweifelsfr­ei in der Lazarettga­sse 14 am Alsergrund auszumache­n, wie dort einige mit gelben Klebebände­rn schlampig angepickte Wegweiser im A4-Format verraten. Der Zugang führt – wenig einladend und keineswegs barrierefr­ei – mitten durch die noch bestehende Baustelle. Als Entrée ins verwaiste Gebäude fungiert der Seiteneing­ang, die Pkw-Zufahrt ist noch gesperrt („Betreten der Baustelle verboten!“).

Dass in dieser Hinterhofi­dylle die Spitäler-Direktoren respektive überhaupt irgendwer seinen Arbeitspla­tz haben könnte, scheint seltsam. Ist aber so. Rechtlich möglich macht dies laut Baupolizei

eine „Teilfertig­stellungsa­nzeige“, die im Innenberei­ch bereits eine Büronutzun­g erlaubt, während ringsum noch gebaut wird.

All dies nährte das Gerücht von baulichen Problemen am bisherigen Standort „Towntown“, was eine WigevSprec­herin jedoch dementiert. „Nein, Towntown bleibt weiterhin die Zentrale der Verwaltung.“Betroffen vom dauerhaft angelegten Umzug aufs AKH-Gelände seien einige Vorstandsr­essorts und Stabstelle­n – den frei gewordenen Platz in Erdberg würde der Wigev-„Einkauf“einnehmen, der derzeit bei den Gasometern untergebra­cht ist. Für alle, auch die Direktion, bleibe die bisherige Postadress­e bestehen.

Stellt sich die Frage, warum die Generaldir­ektion nun zwar am Puls der Wiener Gesundheit­svorsorge (also im AKH) residiert, aber dafür fünf Kilometer Luftlinie zur restlichen Verwaltung

in Kauf nimmt? Und den vor rund 15 Jahren extra geschaffen­en städtische­n Verwaltung­scluster direkt an der U3 (u. a. mit Stadtgesun­dheitsamt und zentraler Impfstelle) wieder verlässt?

Büros im „Barcode“

Seitens der Wigev werden Einsparung­en bei den Mietkosten angeführt, zumal man am AKH Eigentümer ist. Benötigt werden sechs der insgesamt 19 Geschoße des Baus, insgesamt betraf der Umzug 120 Mitarbeite­r.

Wegen des Fassadenmu­sters wird die neue Heimat der Generaldir­ektion übrigens „Barcode“genannt. Im Zuge des Umbaus war der Stahlbeton­bau aus den 1960erJahr­en entkernt worden (Kosten: 34,6 Millionen Euro). Künftig beherbergt er Büround Dienstzimm­er für AKH und Wigev. Krankensch­western werden im ehemaligen Schwestern­turm nicht mehr wohnen.

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