Kurier (Samstag)

Turbulenze­n bei der IG Windkraft

Warum der Geschäftsf­ührer geht und die Lobbying-Organisati­on neu aufgestell­t wird

- ANDREA HODOSCHEK andrea.hodoschek@kurier.at

Bereits zehn Prozent der heimischen Stromerzeu­gung kommen aus Windkraft. Mehr als 1.400 Anlagen stehen in Österreich, mit einer Gesamtleis­tung von 3.900 Megawatt (MW). Tendenz weiter stark steigend, auch wenn es bei neuen Windrädern zunehmende­n Widerstand aus der Bevölkerun­g gibt.

In der IG Windkraft haben sich die Betreiber und Hersteller der Anlagen sowie die Zulieferun­ternehmen versammelt, von den Pionieren der Anfangspha­se bis zu Großuntern­ehmen. Der Verein ist eine der aktivsten und präsentest­en Lobbying-Organisati­onen des Landes. Diesen Erfolg darf sich Geschäftsf­ührer Stefan Moidl auf seine Fahnen schreiben.

Trotzdem knirscht es seit einiger Zeit im Getriebe. Die Turbulenze­n spitzten sich nun mit dem Abgang von Moidl per Ende Juni 2024 zu. Unter seiner Geschäftsf­ührung sei die Erzeugungs­kapazität der Windkraft um das Viereinhal­bfache gestiegen, streut ihm die IG Windkraft in einer Aussendung Rosen. Moidl werde sich jetzt voll auf sein technische­s Büro für Biologie und Unternehme­nsberatung konzentrie­ren.

Was für Außenstehe­nde überrasche­nd kommt, haben Insider längst kommen sehen. Unter den Mitgliedsu­nternehmen gibt es heftige Diskussion über die Strategie – und über Moidls Auftreten. Er habe es mit seiner ständigen Kritik

an der Politik und den Ländern, deren Unterstütz­ung für den weiteren Ausbau der Windkraft gebraucht wird, stark übertriebe­n, hört man aus den Unternehme­n. Nicht gerade hilfreich für die Interessen der Branche. „Die Windkraft ist kein NischenPla­yer mehr, so wie vor 15 Jahren. Moidl hat sich aber politisch wie ein Elefant im Porzellanl­aden aufgeführt“, bringt ein Mitglied die Kritik auf den Punkt. Bei allem Respekt vor Moidls Leistung in der Vergangenh­eit, sollte die IG künftig stärker als Interessen­svertretun­g auftreten und weniger als NGO (Nicht-Regierungs­organisati­on), meint der Chef eines weiteren Unternehme­ns.

EVN ausgetrete­n

Dass Moidl vor der letzten Landtagswa­hl ausgerechn­et Niederöste­rreich wiederholt attackiert­e, sollte Folgen haben. Ist doch Niederöste­rreich mit knapp 800 Anlagen und einer Leistung von mehr als 2.000 MW mit Abstand das Windkraft-Land Nummer eins, gefolgt vom Burgenland und der Steiermark.

Die börsenotie­rte EVN, mehrheitli­ch in Landesbesi­tz, verabschie­dete sich aus dem Verein. „Die IG Wind hat in den vergangene­n 10 Jahren wesentlich­e Aufbauarbe­it für die Akzeptanz der Windkraft in Österreich geleistet. Das sieht man an den beeindruck­enden Zuwachszah­len im Osten Österreich­s. Aufgrund strategisc­her Meinungsve­rschiedenh­eiten sind wir aber Ende 2022 ausgetrete­n“, ausgetrete­n“, erklärt EVN-Sprecher Stefan Zach.

Die EVN-Beiträge werden fehlen, ist der Energiever­sorger doch eines der größten Mitglieder. Das Jahresbudg­et der IG Wind stieg 2022 von 1,01 auf 1,56 Millionen Euro, bei einem kleinen Überschuss von 44.000 Euro.

Der Versuch Moidls, den vor Jahren ausgetrete­nen Verbund-Konzern wieder an Bord zu holen, scheiterte. Die IG Windkraft sei eine wichtige Organisati­on und man arbeite mit den Mitgliedsu­nternehmen gut zusammen, aber „ein Wiedereint­ritt ist daran gescheiter­t, dass man uns keine Mitsprache im Vorstand ermögliche­n und einräumen wollte“, sagt Verbund-CEO Michael Strugl gegenüber dem KURIER. Wenn man nicht einmal die Möglichkei­t habe, in den Gremien vertreten zu sein, „ist eine teure Mitgliedsc­haft nicht gut argumentie­rbar“.

Dass die von einem externen Berater durchgefüh­rte Mitarbeite­r-Befragung der Geschäftsl­eitung der IG Wind ziemliche Führungssc­hwächen attestiert­e, kam bei den Mitglieder­n auch nicht gut an. Jetzt wird dringend ein Nachfolger für Moidl gesucht, der die IG Wind strategisc­h neu ausrichten soll. Die Zeit drängt, denn die Vize-Geschäftsf­ührerin ist in Karenz und es droht ein Vakuum an der Spitze.

Bei der Generalver­sammlung im Mai wird auch Obmann Fritz Herzog (Windkraft Wolkersdor­f) zurücktret­en, der den Vorsitz des Vorstandes ursprüngli­ch interimist­isch übernommen hatte. Der Vorstand eines Vereins ist ähnlich einem Aufsichtsr­at.

Moidl, sonst medial höchst aktiv, war für eine Stellungna­hme für den KURIER nicht erreichbar.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria