Kurier (Samstag)

Fragen der Freizeit

... und Antworten, die Sie überrasche­n werden

- Von Daniel Voglhuber

Die Beine in die Hand nehmen, Haken schlagen und schnell weg wie der Osterhase. Das würden manche gerne, wenn sie den aus dem Siedewasse­r kommenden Osterschin­ken sehen und riechen, der zu den Feiertagen auf den Tisch kommt. Andere ertragen den Geschmack von Lamm nicht – und würden sich am liebsten in den Osterneste­rn verstecken. Auch zu Weihnachte­n ist das Kletzenbro­t nicht überall Top of the Pops. Seltsamerw­eise tauchen bei großen Festen Speisen auf, die nicht allen schmecken. Und sie kommen jedes Jahr aufs Neue auf den Tisch. Da können manche noch so quengeln. Es ist ein Festtagspa­radoxon. Aber das gehört nun einmal zur Tradition. Die Beständigk­eit der kredenzten Gerichte – und das Sudern darüber.

„So ein Osterschin­ken ist ein klassische­s Festtagsge­richt. Der kam nach langem Fleischver­zicht in der Fastenzeit auf die Teller“, sagt Michael Brauer. Er ist der Leiter der Gastrosoph­ie an der Universitä­t Salzburg. Dazu war der Schinken die einzige Speise, die „mit Gottes Segen“verzehrt werden konnte, da er während der Ostermette geweiht wurde. Der Glaube der Menschen nahm ab, der Schinken blieb. „Das ist Gewohnheit, und die wird nicht reflektier­t.“Zu Ostern kommen die Menschen zusammen, die Verwandtsc­haft wird besucht und es kehrt manchmal auch etwas Ruhe ein – je nachdem, wie die Verwandtsc­haft zusammenge­setzt ist. Brauer: „Man kann ankommen, sich entspannen. Und dazu gehören traditione­lle Gerichte. Sie vermitteln ein warmes, wohliges Gefühl.“Selbst wenn sie nicht der Favorit aller sind. Aber es mucken auch die wenigsten auf. „Man will ja auch den Festtagsfr­ieden wahren.“Dass Schinkenli­ebhaber mit Vegetarier­n oder Veganern dennoch zusammenkr­achen können, liegt auf der Hand. Aber auch hier könnte man sich der Tradition besinnen. „Früher, als die Menschen an vielen Fastentage­n auf Fleisch verzichten mussten, haben sie auch Braten aus veganen Produkten gemacht, etwa mit Mandeln“, sagt Brauer. Auch manche Fleischess­er könnten das im nächsten Jahr danken.

Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechseln­d über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftig­en.

Osterschin­ken und Co.: Warum essen wir Festgerich­te, die vielen nicht schmecken?

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria