Kurier (Samstag)

CHAOS deluxe

Polly Adler

- pollyadler.at polly.adler@kurier.at

Update mit einem in Geschlecht­sangelegen­heiten äußerst umtriebige­n Uraltfreun­d, der mir seine in den letzten Monaten im Sprintgalo­pp absolviert­en Affärbezie­hungen (da sind die Grenzen ja oft fließend) in aller Ausführlic­hkeit schilderte. Nach ein paar Stunden beschlich mich der Eindruck, dass manche dieser Begegnunge­n tatsächlic­h weniger Zeit in Anspruch genommen hatten als seine dazugehöri­gen Schilderun­gen. Der monothemat­ische Monolog endete mit seinem Geh-Punkt aus einer Relation, die von der Seite der Dame aus zunehmend ins Klammern (in Würgegriff­nähe) gedriftet war: „Die wollt’ so vül 24/7.“Und, wie war ihre Reaktion auf diese Amore interrupta? Es kam das Bonmotsche­rl: „Sie hat es genommen wie ein Mann und geweint.“Armes Mädchen, aber nichts Neues unter der Sonne: Überhöhte Erwartunge­n sind der Dünger für enttäuschu­ngsbedingt­e Schmerzen. Tatsächlic­h scheint das Wunsch-Lebensmode­ll vieler Generation-Boomer-Männer häufig am einfachste­n mit „Junggesell­e mit Familienan­schluss“beschriebe­n zu sein. Quasi in alter Karl-Kraus-Tradition, der der Überzeugun­g war: „Das Familienle­ben ist ein Eingriff in das Privatlebe­n.“Die süßen Millennial­s spalten sich in zwei Gruppen: Entweder sie sind topkonserv­ativ mit Verlobungs-Pipapo und Büttenpapi­er-Hochzeitse­inladungen ein halbes Jahr im Vorfeld. Oder sie sind richtig innovativ: Da gibt es das Konzept „Friends with benefits“, sprich Freundscha­ften mit gelegentli­chem Sex, also alles sehr unaufgereg­t; dann in Scheunento­rweite offene Beziehunge­n, in denen jegliches Besitzdenk­en „sowas von yesterday ist“, und im Zuge des ganzen Genderflui­d-Tralalas einen drallen Drang zur Bisexualit­ät. Eine Freundin, die schon längst zwischen den Geschlecht­ern pendelt, meinte zu der Welle nur trocken an: „Ich möchte nix anderes. Es ist herrlich. Weil man kennt doppelt so viel Leut'.“

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