Kurier (Samstag)

DAS EWIG WEIBLICHE?

Monica Bellucci, Sandra Bullock und eine ganze Reihe weiterer weiblicher Superstars feiern heuer ihren 60. Geburtstag. Ein Blick auf den „Gender Gap“des Alterns, m▸rchenhafte Großmütter – und eine Gratulatio­n an wunderbare Frauen.

- Von Andreas Bovelino

Strahlend schön und ohne Ablaufdatu­m. Es gibt sie, glückliche Menschen, die gleich doppelt gesegnet sind. Umso schöner, wenn sie damit auch uns Normalster­bliche glücklich machen. Juliette Binoche, die Anfang März ihren 60er feierte, folgte am 29. März Elle Macpherson, im September hat Monica Bellucci einen runden Geburtstag, zwei Monate später Famke Janssen. Göttinnen, wie sie unterschie­dlicher nicht sein könnten, eine von ihnen als Favoritin auszuwähle­n würde jeden Mann in eine ähnlich kniffelige Situation bringen, wie seinerzeit den armen Paris, der sich mit Aphrodite, Athene und Hera in einen ordentlich­en Schlamasse­l „votete“. Dazu mit Sandra Bullock everybody’s darling von nebenan. Und auch ewige WG-Girls und Jung-Anwältinne­n sind nicht gegen die „6“gefeit, Courtney Cox („Friends“) und Calista Flockhart („Ally McBeal“) sind im Juni beziehungs­weise November an der Reihe.

Wie die Zeit vergeht ...

Es scheint, als wäre es gestern gewesen, dass Miss Cox zum ersten Mal mit ihren Freunden auf der Couch herumlümme­lte, Sandra Bullock am Steuer eines Bomben-Busses die Nerven behielt, Elle „The Body“fünf Mal das Bikini-Cover der Sports Illustrate­d zierte und Signora Bellucci bei ihrem ersten Spaziergan­g durch das beschaulic­he Städtchen Castelcutò allen Männern zwischen acht und 88 den Kopf verdrehte. Dabei war die schöne Signora aus Umbrien eigentlich schon 36, als sie mit „Der Zauber von Malèna“nicht nur Filmfreund­en endgültig ein Begriff wurde. Denn ähnlich wie ihre Göttinnenk­ollegin Elle Macpherson begann sie ihre Karriere ursprüngli­ch als Model, die nur hin und wieder auch Nebenrolle­n in Filmen übernahm, internatio­nal zum ersten Mal 1992 in Bram Stoker’s „Dracula“als gefährlich verführeri­sche Braut des Vampir-Fürsten. Doch im Gegensatz zur Australier­in Macpherson, die sich ein wahres Schönheits­imperium aufbaute, konzentrie­rte sich Bellucci in der zweiten Hälfte der 1990er fast ausschließ­lich aufs Filmen. Mit dem Thriller „Die Lügen der Liebe“wurde sie zuerst in Frankreich ein Star, wo sie mit „Doberman“gleich darauf für einen Skandal sorgte, nach der italienisc­h-amerikanis­chen Co-Produktion „Malèna“filmte sie schließlic­h in Hollywood an der Seite des großen Gene Hackman „Unter Verdacht“und etablierte sich endgültig unter den großen Diven dieser Welt. Eine ewige Traumfrau, egal ob in Action-Spektakeln wie „Matrix“, kontrovers diskutiert­en französisc­hen Autorenfil­men wie „Irreversib­le“oder federleich­ten italienisc­hen Komödien.

Der Monica-Bellucci-Traum

Nicht umsonst widmete ihr Kult-Regisseur David Lynch 2017 in seiner letzten „Twin Peaks“-Staffel einen denkwürdig­en Satz: „Ich hatte einen weiteren Monica-BellucciTr­aum“, erklärt er als FBI-Direktor Gordon Cole einem seiner verblüffte­n Agenten. Aber gut, damit ist der Mann wahrschein­lich nicht alleine ...

Die Zeit scheint dem „ewig Weiblichen“, das schon den Geheimrat Goethe „hinan“zog (also hinauf), in manchen Fällen tatsächlic­h nichts anhaben zu können. Für den

großen Dichter gehörte es zu den Mysterien des Daseins. Fest stand für ihn, dass es, als quasi kosmische Einheit, der Zerrissenh­eit und der zerstöreri­schen Kraft des Mannes diametral entgegenst­and. Und auch, wenn wir über diese, heute beinahe archaisch anmutenden Sichtweise­n längst hinweg sind: So ein wenig Geheimnis und Mystik scheint doch erstaunlic­h jung zu halten.

War man früher früher alt?

Apropos: „60 ist das neue 40“, um einen mittlerwei­le beinahe etwas überstrapa­zierten Spruch zu verwenden: Klingt platt? Irgendwie bemüht, als wolle man sich hier etwas zurechtbie­gen? Mag sein, aber ein Blick zurück in die Geschichte belehrt uns doch eines Besseren. Da ist tatsächlic­h was dran! Wobei wir es hier mit einem frappieren­den Gender-Gap zu tun bekommen. So galten Männer zwischen 40 und 60 schon in der Antike als die Top-Vertreter ihrer Gattung, und diese Einschätzu­ng hielt sich bis zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts, „trau keinem über 30“war der Slogan, der den obsessiven Jugendkult der folgenden Jahre einläutete. Und bitte keine Einwände von wegen Durchschni­ttsalter und so. Das ist in diesen frühen Jahren vor allem wegen der hohen Kinder- und Mütterster­blichkeit so niedrig und aufgrund der allgemein mangelnden ärztlichen Versorgung: Jede Blinddarme­ntzündung war damals quasi ein Todesurtei­l. Die Fähigkeit, alt zu werden, hatten Menschen damals allerdings auch – und in vielen Fällen sogar fitter als in moderneren Zeiten, weil man eben nicht mit dem Auto zum Fast-Food-Drive-in fuhr. Frauen

hatten freilich an einem wesentlich härteren Los zu knabbern. Sie wurden oft bereits mit 15 Jahren verheirate­t, jede Geburt war ein Roulette-Spiel ums eigene Leben.

Märchen-Großmütter

Kein Wunder, dass die lieben, weisen, aber oft schon durchaus etwas gebrechlic­hen bis pflegebedü­rftigen Großmütter, die wir aus unzähligen Sagen und Märchen kennen, eigentlich erst um die 50, maximal 60 Jahre alt waren. Aber an die würde wohl kaum jemand denken, wenn er sich die Geburtstag­skinder des Jahrgangs 1964 heute ansieht. Wobei ... Neil Jordans Adaption des Rotkäppche­n-Stoffes, sein Kult-Film „Die Zeit der Wölfe“feiert heuer seinen 40. Geburtstag. Darin spielt Angela Lansbury praktisch die Großmutter aller Großmütter, einfach perfekt, wie nur sie es konnte. Das Erstaunlic­he: Die unvergesse­ne britische Schauspiel­erin war damals erst 59 Jahre alt! Tja, „the times they are a-changin’“, wie Opa Bob Dylan so schön singt.

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 ?? ?? Ist das wirklich schon 30 Jahre her? Sandra Bullock in „Speed“(li.) und heute (o.)
Ist das wirklich schon 30 Jahre her? Sandra Bullock in „Speed“(li.) und heute (o.)
 ?? ?? Ein paar Falten? Keine Frage, dennoch oder gerade deshalb eine Traumfrau: Monica Bellucci
Ein paar Falten? Keine Frage, dennoch oder gerade deshalb eine Traumfrau: Monica Bellucci
 ?? ?? Ein Rekord: Elle „The Body“Macpherson zierte fünf Mal das BadeCover der Sports Illustrate­d. Mit 60 sieht sie aus, als könnte sie das locker noch ein sechstes Mal ...
Ein Rekord: Elle „The Body“Macpherson zierte fünf Mal das BadeCover der Sports Illustrate­d. Mit 60 sieht sie aus, als könnte sie das locker noch ein sechstes Mal ...
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 ?? ?? Eben noch mit Freunden auf der WG-Couch, heute 60: Courtney Cox
Eben noch mit Freunden auf der WG-Couch, heute 60: Courtney Cox
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 ?? ?? Einer Superheldi­n können auch die Jahre nichts anhaben, wie Famke Janssen beweist
Einer Superheldi­n können auch die Jahre nichts anhaben, wie Famke Janssen beweist

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