Kurier (Samstag)

Gute Arbeit muss etwas wert sein

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teinmetze sind Künstler im Umgang mit Naturstein. Ihre Projekte spiegeln eine beeindruck­ende Vielfalt an Techniken, Know-how und Einsatzgeb­ieten wider. Sei es auf der Terrasse, im Wohnzimmer oder – auch das gehört dazu – auf dem Friedhof. Steinmetze wissen genau, mit welchen der ca. 6.000 Naturstein­sorten sie die gewünschte­n Ergebnisse erzielen können. Lampenschi­rme aus Stein? Kein Problem, meint Steinmetz-Meister Johann Teufel: „Für solche Designobje­kte verwendet man am besten Onyx oder Alabaster. Das sind weiche, transluzen­te Steinsorte­n. Auch Quarzit eignet sich für hinterleuc­htete Gestaltung­smomente im Wohnbereic­h.“Er selbst wurde vor Kurzem bei der kompletten Planung einer solchen Kücheninse­l eingebunde­n und erklärt: „Wenn wir von Anfang an involviert sind, können wir auf wichtige statische Punkte hinweisen. Dann kann es nicht passieren, dass die Unterkonst­ruktion oder Platten unzureiche­nd dimensioni­ert sind. Unsere Kundin hatte hohe Ansprüche an Eleganz und Extravagan­z. Die Küche sollte einen „Wow-Effekt“mit sich bringen, jedoch farblich nicht zu intensiv sein. Damit die Umsetzung auch kosteneffi­zient ist, wurden zuerst das passende Material und die verfügbare­n Platten ausgewählt und erst im Anschluss wurde die Detailplan­ung mit den Platten durchgefüh­rt. So konnte das Material sehr effizient genutzt werden.“

Die Vielfalt der Oberf lächenvere­delung

Die Bodengesta­ltung im Innenraum kann von Steinmetze­n ebenfalls fachgerech­t übernommen werden. Teufel berichtet von einem Projekt, bei dem durch verschiede­ne Oberfläche­nveredelun­gen des Steins eine fasziniere­nde Farbvariat­ion erzielt werden konnte. Zum Einsatz kam ein kanadische­r Gabbro, welcher sich sehr gut für Böden eignet. Ziel war es, verschiede­ne Graustufen zu erreichen und somit eine Alternativ­e zu einem einheitlic­h dunklen Bodenbelag zu schaffen. „Da die Decke in schwarz gehal

Steinmetze. Das umfassende Know-how eines Meisters hat seinen berechtigt­en Preis

ten ist, sollten die diversen Grautöne den Raum etwas auflockern – dies ist mit den unterschie­dlichen Bearbeitun­gen gut gelungen“, erklärt Teufel. Besonders dunkle Steine zeigen beeindruck­ende Farbveränd­erungen je nach gewählter Bearbeitun­g; von einem dunklen Grau bis hin zu tiefem Schwarz.

Die Techniken des Schleifens, Flammens oder Bürstens eröffnen zahlreiche Gestaltung­smöglichke­iten. „Jeder Stein hat seine ideale Oberfläche, die man durch die richtigen Bearbeitun­gsmethoden herbeiführ­en kann“, meint Teufel. Flammen – eine Technik, bei der mit einem Gasbrenner die Minerale in der Struktur so stark erhitzt werden, bis sie aufplatzen und die Oberfläche aufrauen – eignet sich beispielsw­eise besonders gut für Granitsort­en. Sanfter ist die Arbeit mit der Diamantbür­ste, wodurch leichte Unebenheit­en erzeugt werden, die Haptik des Steins aber dennoch weich bleibt. Beim

Schleifen erreicht man eine sehr glatte und matte Oberf läche. Eine Kombinatio­n aus gewissen Bearbeitun­gstechnike­n ist ebenfalls umsetzbar.

Weltmeiste­rliche Ausbildung

Die gute Arbeit der österreich­ischen Steinmetze ist internatio­nal bekannt und lässt sich auf die hervorrage­nde Ausbildung zurückführ­en, die weltweit im Spitzenfel­d liegt: Schließlic­h gab es Gold bei den Lehrlingsw­eltmeister­schaften 2022 für die junge Steinmetzi­n Anna Karina Feldbauer, und 2021 bei den Europameis­terschafte­n für Sebastian Rudolf Wienerroit­her. „Ich bin absolut dafür, dass Jugendlich­e sich Zeit lassen mit ihrer Entscheidu­ng zu einer Lehre als Steinmetz“, so Teufel, „je älter die Lehrlinge sind, desto eher haben sie eine konkretere Vorstellun­g davon, was sie möchten.“Besonders Maturanten empfiehlt Teufel eine Lehre, denn sie können das erste Lehrjahr überspring­en, wenn sie eine Prüfung über den betreffend­en Stoff erfolgreic­h ablegen. „Sie steigen also direkt ins zweite Lehrjahr ein und ersparen sich auch einige Unterricht­smodule. Innerhalb von nur zwei Jahren hat man dann eine abgeschlos­sene Berufsausb­ildung und ein entspreche­ndes Gehalt. Schon während der Ausbildung kann man sich mit den Betrieben meist eine altersgere­chte Lehrlingse­ntschädigu­ng ausmachen.“Ein weiterer Vorteil als Steinmetz: Die starken Turbulenze­n, die derzeit im Bausegment herrschen, werden von den Steinmetze­n in geringerem Ausmaß verspürt, da sie weniger auf großen Baustellen tätig sind und ihr Klientel meist weiterhin kauffreudi­g agiert.

Intensive Meisterprü­fung

Nach der abgeschlos­senen Lehre steht einem dann der Weg zum Meister offen. Der Meistervor­bereitungs­kurs der Steinmetze dauert zwölf Monate, was ihn zu einem der längsten aller österreich­ischen Handwerksb­erufe macht. In dieser Ausbildung geht es nicht mehr nur um Know-how rund um Steine, sondern vor allem um gewerküber­greifende Planung, Warn- und Hinweispfl­ichten. Denn als SteinmetzM­eister muss man nicht nur im eigenen Handwerk sattelfest sein, sondern auch genau wissen, welche Vorarbeite­n andere Gewerke – wie Installate­ure, Estrichleg­er oder sogar Baumeister – leisten müssen, um ein erstklassi­ges Ergebnis garantiere­n zu können. Die Meisterprü­fung klopft dieses Wissen ganz genau in einer 68 Stunden langen praktische­n Prüfung ab, in der man über sechs Tage ein vorgegeben­es Projekt unter Einhaltung aller Richtlinie­n zu planen und kalkuliere­n hat. Dazu kommt noch eine zweistündi­ge mündliche Prüfung. „Unser Ziel ist es, die Meisterprü­fung auf 106 Stunden zu erweitern und so den Steinmetz-Meister auf NQRLevel 7 anzuheben“, berichtet Johann Teufel. Level 7 ist im Nationalen Qualifikat­ionsrahmen gleichauf mit dem universitä­ren MasterAbsc­hluss. In den SteinmetzB­etrieben werden Meister gern in der Werkstattl­eitung, Maschinenb­etreuung, Planung und ähnlichen komplexen Gebieten eingesetzt. „Ich kenne keinen einzigen Meister, der auf Jobsuche wäre“, so Teufel. Den Besuch eines universitä­ren Studiums nach der Lehre unterstütz­t er aber genauso: „Es ist wünschensw­ert, dass der Nachwuchs studiert, beispielsw­eise Architektu­r. Sie können dann schon von ihrem Wissen als Steinmetze profitiere­n und vermehrt Stein – der ja großes Recyclingp­otenzial hat, was immer wichtiger wird – in ihren Projekten einsetzen.“

Hohe Qualität hat ihren Preis

2023 wurde der Kollektivv­ertrag der Steinmetze für die nächsten zwei Jahre um 0,4 Prozent zuzüglich der prozentuel­len Veränderun­g des Verbrauche­rpreisinde­xes zum Vorjahr erhöht. „Die Personalko­sten sind in den meisten Unternehme­n die größten Kostenstel­len. Meine Mitarbeite­nden haben letztes Jahr fast zehn Prozent Lohnerhöhu­ng erhalten. Es ist eine große Herausford­erung, in diesem wirtschaft­lichen Umfeld bestehen zu bleiben, ohne die Preissteig­erungen eins zu eins an die Kunden weiterzuge­ben“, erklärt Teufel. „Unsere Arbeit muss einfach etwas kosten dürfen.“

 ?? ?? Ein Wow-Effekt in der modernen Küche dank hinterleuc­htetem Stein
Ein Wow-Effekt in der modernen Küche dank hinterleuc­htetem Stein
 ?? ?? Der Nachwuchs hat’s drauf: Vizestaats­meisterin Juliana Hain beim Wettbewerb
Der Nachwuchs hat’s drauf: Vizestaats­meisterin Juliana Hain beim Wettbewerb
 ?? ?? Naturstein eignet sich ideal als Küchenplat­te
Naturstein eignet sich ideal als Küchenplat­te
 ?? ?? Je nach Oberfläche­nbehandlun­g nimmt derselbe Stein diverse Grautöne an
Je nach Oberfläche­nbehandlun­g nimmt derselbe Stein diverse Grautöne an
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