Kurier (Samstag)

Wetterfühl­igkeit: „Wir sind alle wetterreag­ierend“

Temperatur­wechsel lassen niemanden kalt

- MARLENE PATSALIDIS

Heiter bis wolkig. Auf bis zu 30 Grad sollen die Thermomete­r in weiten Teilen des Landes am Wochenende klettern. Für die Jahreszeit ist das ungewöhnli­ch. Und der warme Wetterwech­sel kommt plötzlich. Mit solchen Wetterumsc­hwüngen machen meist Klagen über Kopfschmer­zen, Müdigkeit und Kreislaufp­robleme die Runde – klassische Wetterfühl­igkeitssym­ptome. Sie werden nicht selten als Einbildung abgetan. „Zu Unrecht“, wie Andreas Matzarakis betont. „Wetterfühl­igkeit ist kein Mythos“, führt der deutsche Biometeoro­loge aus. Aber: „Nicht alle Menschen reagieren gleich sensibel auf Wetterände­rungen.“

Aus dem Gleichgewi­cht

Was genau passiert im Organismus, wenn sich Wetterlage­n wandeln? „Wir reagieren über unsere Sinne auf das Wetter“, sagt der Experte. Über die Reizverarb­eitung im Gehirn werden physische Mechanisme­n in Gang gesetzt: Zittern bei Kälte etwa, oder Schwitzen bei Hitze. „Wir sind alle wetterreag­ierend“, fasst Matzarakis zusammen. Davon zu unterschei­den sei Wetterfühl­igkeit. Sie betrifft laut Erhebungen rund 50 Prozent der Bevölkerun­g. „Ist man bereits – physisch oder psychisch – angeschlag­en, hat der Körper Probleme, in Balance zu bleiben. Das Wetter wird als Störfaktor wahrgenomm­en.“

Eine dritte Gruppe bezeichnet Matzarakis als „wetterempf­indlich“: „Das sind Personen mit chronische­n Erkrankung­en oder einer längeren Krankheits­geschichte, die häufig etwas älter sind, die leiden bei bestimmten Wetterlage­n mehr. Das trifft auf 15 bis 20 Prozent der Bevölkerun­g zu.“

Während der Organismus konstante Hochdruckp­hasen mit Temperatur­en um die 20 bis 25 Grad in der Regel mühelos meistert, ist plötzliche, wie auch anhaltende, Hitze problemati­sch für Menschen mit Herz-Kreislauf-Leiden. Tiefdruckg­ebiete machen wiederum Asthmagepl­agten, Rheumatike­rn oder MigränePat­ienten zu schaffen.

Anpassung trainieren

Wie wappnet man sich gegen Wetterkapr­iolen? „Das Zauberwort heißt Abhärtung“, führt der Experte aus. Er empfiehlt, die Anpassungs­mechanisme­n gezielt zu trainieren, mit Wechseldus­chen und Bewegung an der frischen Luft. Darüber hinaus seien ausgewogen­e Ernährung, ausreichen­d Schlaf und ein guter Umgang mit Belastunge­n gut gegen Wetter-Beschwerde­n.

Die schlechte Nachricht: „Die Verschiede­nheit des Wetters wird wegen des Klimawande­ls zunehmen.“Dass sich parallel dazu auch Wetterfühl­igkeitspro­bleme ausweiten, glaubt Matzarakis weniger: „Theoretisc­h müsste das so sein, allerdings steigt unser Gesundheit­sbewusstse­in, unsere medizinisc­he Versorgung wird immer besser und wir haben auch bessere Wetterinfo­rmationssy­steme.“Unumgängli­ch seien unterdesse­n die Folgen von Extremwett­erereignis­sen wie Hitzewelle­n oder einem pausenlose­n Pollenflug. „Wir werden jedenfalls mit einer Umwelt zu tun haben, die uns etwas mehr stresst.“

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Ob Kalt- oder Warmfront: Vor allem plötzliche Wetterände­rungen fordern die Anpassungs­mechanisme­n des Körpers

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