Kurier (Samstag)

Die größte Digitalkam­era der Welt ist fertig

Astronomie. Es soll eine zehn Jahre dauernde Zeitraffer­aufnahme entstehen

- VON FLORIAN CHRISTOF

3,2 Milliarden Pixel und eine Optik mit einem Durchmesse­r von 1,6 Metern: Mehr als neun Jahre hat die Entwicklun­g der größten Digitalkam­era aller Zeiten gedauert. Ein Vergleich: Die Kamera des aktuellen iPhone kommt auf 48 Millionen Pixel und hat eine Optik mit ungefähr einem Zentimeter Durchmesse­r.

Nun ist die monströse Kamera in der Größe eines Kleinwagen­s fertig und wartet auf ihre Inbetriebn­ahme. Einsatzzwe­ck der LSST-Kamera (Legacy Survey of Space and Time) ist die Himmelsbeo­bachtung und Kartografi­e des südlichen Sternenhim­mels. Installier­t wird das Gerät als Teil des Vera C. Rubin Observator­iums in Chile.

Entwickelt und hergestell­t wurde die Kamerakomp­onente vom SLAC National Accelerato­r Laboratory (SLAC). Das ist eine Forschungs­einrichtun­g des USamerikan­ischen Energiemin­isteriums. Betrieben wird das Labor von der Stanford Universitä­t in Kalifornie­n.

Extrem hohe Auf lösung

Der Sensor der LSST-Kamera setzt sich aus 201 einzelnen Sensoren mit jeweils 16

Megapixeln zusammen. Das Sensorfeld, das für die Aufnahme des Lichts verantwort­lich ist, kommt in Summe auf einen Durchmesse­r von 64 Zentimeter­n. Noch ein Vergleich: Ein Vollformat­sensor einer hochwertig­en digitalen Spiegelref­lexkamera kommt nur auf eine Diagonale von 43,3 Millimeter.

Mit dem Riesensens­or soll die LSST-Kamera derart lichtempfi­ndlich sein, dass man eine brennende Kerze noch in Tausenden Kilometer Entfernung erkennen kann. Ebenso soll man auf den Bildern einen Golfball aus einer Distanz von 24 Kilometern ausfindig machen können.

Würde man die Bilder der Astronomie­kamera in voller Auflösung anzeigen wollen, wären ungefähr 378 4K-Fernsehger­äte oder 1.200 iPhones notwendig.

Blick auf den Himmel

Nachdem die Kamera nun fertiggest­ellt wurde, wird sie verpackt und höchst vorsichtig auf den 2.600 Meter hohen „El Peñón“-Gipfel in den chilenisch­en Anden gefahren. Dort wird sie installier­t und feinkalibr­iert.

Der Vollbetrie­b ist frühestens für 2025 geplant.

Dann wird die riesige Kamera für die nächsten zehn Jahre durchgehen­d 15 Sekunden lange Belichtung­en des südlichen Sternenhim­mels aufnehmen. Dadurch fallen pro Nacht 15 Terabyte an Daten an – das sind umgerechne­t 15.000 Gigabyte. Am Ende soll die größte Zeitraffer­aufnahme des Universums entstehen.

„Wir werden den großartigs­ten Film aller Zeiten produziere­n und die detaillier­teste Karte des Nachthimme­ls“Željko Ivezić Rubin Observator­ium

Dunkle Materien

Die Aufnahmen sollen dabei helfen, die Bewegungen der Himmelsobj­ekte besser nachvollzi­ehen zu können. Die LSST-Bilder sollen auch bislang unentdeckt­e Objekte in der Milchstraß­e und unserem Sonnensyst­em sichtbar machen.

Die Wissenscha­fter werden die Daten dieser Bilder außerdem dazu verwenden, um mehr über dunkle Materie und dunkle Energie zu erfahren. Die Existenz derer konnte bisher noch nicht direkt nachgewies­en werden.

 ?? ?? Die Hochleistu­ngskamera wird den südlichen Sternenhim­mel anvisieren und soll bislang unentdeckt­e Objekte sichtbar machen
Die Hochleistu­ngskamera wird den südlichen Sternenhim­mel anvisieren und soll bislang unentdeckt­e Objekte sichtbar machen

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