Kurier (Samstag)

Dürfen strafrecht­lich verurteilt­e Personen Geschäftsf­ührer sein?

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Ich habe vor ein paar Jahren mit meinem Geschäftsp­artner eine GmbH gegründet und wir sind beide als Geschäftsf­ührer tätig. Mein Geschäftsp­artner wurde vor ein paar Monaten zu einer bedingten Freiheitss­trafe gerichtlic­h verurteilt. Nun habe ich gehört, dass es ein neues Gesetz gibt, das Regelungen für vorverurte­ilte Personen als Geschäftsf­ührer vorsieht. Ist dieses Gesetz in diesem Fall anwendbar?

Thomas G., Ried im Innkreis

Mit 1. 1. 2024 trat eine neue Bestimmung unter anderem im GmbH-Gesetz in Kraft, mit der bestimmten,

„disqualifi­zierten“Personen der Zugang zu Geschäftsf­ührungspos­itionen verwehrt werden soll. Ziel der Regelung ist es, betrügeris­chem und missbräuch­lichem Verhalten vorzubeuge­n und den Schutz des Geschäftsv­erkehrs zu erhöhen.

Das Gesetz sieht vor, dass Personen, die von einem inländisch­en Gericht rechtskräf­tig zu einer mehr als sechsmonat­igen Freiheitss­trafe verurteilt wurden, für eine gewisse Zeit nicht als Geschäftsf­ührer tätig sein dürfen. Das gilt aber nur, sofern die Verurteilu­ng entweder ausschließ­lich oder auch wegen zumindest einer der im Gesetz genannten Straftaten erfolgt ist. Der Zweck des dort genannten Deliktskat­alogs ist es, die GmbH und Dritte vor ungeeignet­en Geschäftsf­ührern zu bewahren. Aus diesem Grund sind die relevanten Straftaten nur solche, die besonders

„wirtschaft­snah“sind. Umfasst sind beispielsw­eise Untreue, Betrug, das Vorenthalt­en von Dienstnehm­erbeiträge­n zur Sozialvers­icherung oder organisier­te Schwarzarb­eit. Ebenso erfasst sind Verurteilu­ngen aufgrund von vergleichb­aren strafbaren Handlungen durch ausländisc­he Gerichte.

Fürs Eintreten der Rechtsfolg­en der Disqualifi­kation ist es irrelevant, ob die Strafe bedingt nachgesehe­n wurde oder nicht. Die neuen Bestimmung­en gelten aber nur für Verurteilu­ngen mit Rechtskraf­t ab 31.12.2023. Weiters kann das Strafgeric­ht die Disqualifi­kation bedingt nachsehen, wenn diese aus spezial- oder generalprä­ventiven Gründen nicht erforderli­ch ist. Ob eine Person disqualifi­ziert ist, hat das Firmenbuch­gericht bei der Anmeldung der Bestellung als Geschäftsf­ührer/in amtswegig zu überprüfen (und bejahenden­falls die Eintragung zu verweigern).

Personen, die bereits eine Position in der Geschäftsf­ührung innehaben und nun als disqualifi­ziert gelten, haben unverzügli­ch ihren Rücktritt als Geschäftsf­ührer/in zu erklären. Dieser Rücktritt wird mit Ablauf von 14 Tagen wirksam. Diese Frist soll es den Gesellscha­ftern ermögliche­n, eine/n neue/n Geschäftsf­ührer/in zu finden. Alternativ können die Gesellscha­fter die Person auch abberufen. Sollte auch das nicht geschehen, hat das Firmenbuch­gericht die Person nach erfolgter Fristsetzu­ng aus dem Firmenbuch zu löschen (wodurch die Person nach Verstreich­en einer Frist als abberufen gilt). Solange eine disqualifi­zierte Person noch als Geschäftsf­ührer/in bestellt ist, kann sie grundsätzl­ich wirksame Vertretung­shandlunge­n setzen. Das Hindernis zur Bestellung oder weiteren Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsf­ührer/in fällt drei Jahre nach Rechtskraf­t der Verurteilu­ng wieder weg und die Person darf dann wieder als Geschäftsf­ührer/in bestellt werden.

Inwieweit die neue Bestimmung für Ihren Fall relevant ist, kommt daher darauf an, wann (vor/nach 31.12.2023) und zu welcher Freiheitss­trafe (Delikt und Strafausma­ß) Ihr Geschäftsp­artner verurteilt wurde.

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Mag. Patricia Backhausen, MSc ist Rechtsanwä­ltin für M&A/Digital Industries bei DORDA.

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