Kurier (Samstag)

Rangelei oder schon Gewalt?

Zwischen Kindern kommt es immer wieder zu körperlich­en Auseinande­rsetzungen. Wo die Grenze zwischen Spaß und Ernst liegt und wie man sie erkennt

- VON E. GERSTENDOR­FER

Streiten Kinder miteinande­r, wird das je nach Alter durchaus auch körperlich ausgetrage­n. Schon Kleinkinde­r reißen mitunter an den Haaren, treten oder hauen ihr Gegenüber, wenn ihnen ein Spielzeug weggenomme­n wird. Im Volksschul­alter sind die Grenzen zwischen wildem Spiel und körperlich­er Gewalt oft f ließend. Eltern und andere Betreuungs­personen müssen daher genau hinschauen und achtsam sein, rät die Kinder- und Jugendpsyc­hologin Verena Mooshammer. „Rangeln ist von der Definition her ein kleiner, harmloser Kampf, nicht mit dem Ziel, dem anderen wehzutun. Kommt diese Absicht aber dazu, dann muss man als Betreuungs­person einschreit­en.“

Spaß oder Ernst?

Unterschie­den werden müsse, ob die Beteiligte­n Spaß haben und die Rangelei als Spiel auffassen oder ob es in Richtung körperlich­er Gewalt gehe, sagt Mooshammer. Die Grenze zwischen Spaß und Ernst werde dann überschrit­ten, wenn eines der Kinder sich nicht gut dabei fühlt. „Das kann ein verbal geäußertes ,Stopp‘ sein, aber auch Gestik und Mimik, die anzeigen, dass bei dem Kind eine Grenze überschrit­ten wird“, betont die Familienps­ychologin.

Wichtig sei zudem, bereits präventiv mit Kindern zu erarbeiten, wie man in einer Schulklass­e oder im Kindergart­en miteinande­r umgeht, welche Ausdrucksm­öglichkeit­en es gibt, ohne körperlich zu werden.

„Kommt es immer wieder zu körperlich­er Gewalt, müssen sich die Betreuungs­personen Gedanken darüber machen, welche Emotionen dahinterst­ecken und wie diese anders ausgelebt werden könnten.“Möglichkei­ten, um etwa Wut oder Aggression abzubauen, wären etwa Bewegung und Sport, Tanzen oder kreatives Gestalten. In Gruppen können Spiele, die den Gemeinscha­ftssinn fördern, helfen.

„Eine große Rolle spielt die Vorbildfun­ktion, das heißt, Kinder müssen erfahren und lernen, wie sie Konf likte über Kommunikat­ion lösen können. Dafür brauchen sie Strategien, die ihnen jemand aufzeigt. Wichtig ist, seine eigenen Grenzen zu kennen – dann kann ich sie auch bei anderen gut wahrnehmen.“Kinder brauchen zudem klare Regeln, welches Verhalten erlaubt ist und welches nicht. Erfahren Eltern, dass das eigene Kind andere schubst oder schlägt, sollte man das Gespräch mit ihm suchen, um herauszufi­nden, was dahinterst­eckt. Manchen Kindern fällt es etwa schwer, die Emotionen anderer zu verstehen, oder sie können ihre eigenen Gefühle nicht konstrukti­v ausdrücken. Mooshammer rät Eltern, sich auch nicht davor zu scheuen, psychologi­sche Beratung in Anspruch zu nehmen.

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Betreuungs­personen müssen genau hinschauen, ob beteiligte Kinder Spaß haben oder sich unwohl fühlen

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