Das Erlebnis Bach: Leonidas Kavakos im Musikverein
Kritik. Mit dem bescheiden anmutendem Titel „Leonidas Kavakos and Friends“überschrieb der Geiger sein Programm im Wiener Musikverein. Was auf einen ersten Blick einen vergnüglichen Abend erwarten ließ, wurde, wenn man sich dem Spiel dieser Musiker hingab, zum aufwühlenden Erlebnis intimsten Musizierens.
Das Programm war ausschließlich Johann Sebastian Bach gewidmet, konkret dessen Konzerten für Violine, Streicher und Basso Continuo, BWV 1041, 1042, BWV 1056 und der Sonate für Cembalo und Violine, BWV 1014. Mit dem Konzert in EDur gaben die sieben Herren – Kavakos als Solist, Geiger Noé Inui und Alexandros Sakarellos, Bratschist Ilias Livieratos, Cellist Gavrilidis-Petrin, Kontrabassist MichailPavlos Semsis und Cembalist Iason Marmaras – einen flotten Auftakt. Der erste Satz geriet zu einer mit Verve spontan hingespielten Aufwärmrunde von Einzelspielern, die sich erst zu einem Team formieren mussten.
Verstörend schön
Logisch, dass Kavakos vor dem Andante eine etwas längere Pause einlegte. Dann aber öffnete er das Tor zur Bach’schen Welt, ließ eine gewisse Melancholie hören, ohne seine Stradivari übertrieben zum Seufzen zu bringen.
Ihm ging es nicht um historische Aufführungspraxis. Hier agierte ein Musiker ganz in sich gekehrt, nichts außer der Musik verpflichtet, was zu einer Art Spiritualität führte. Denn Kavakos ließ spüren, dass es ihm um etwas Größeres ging als um die Demonstration seiner Virtuosität, die er dennoch ausspielte.
Wenn oft behauptet wird, Bach hätte eine Art läuternde Wirkung, hier war diese zu erleben. Verstörend schön seine Interpretation der Sonate für Cembalo und Violine. Eine Zugabe und sehr viele Bravos.