Kurier (Samstag)

Schwarz-Rot gegen Kickl

Spionage-Causa. Nach dem Auftritt des FPÖ-Chefs im U-Ausschuss legt ÖVP-Generalsek­retär Stocker am Freitag nach. Die SPÖ will unterdesse­n Kickls „Geheim-Deals“aufklären

- VON RAFFAELA LINDORFER

Als „Österreich­s Video Partei“hat FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker die Abkürzung „ÖVP“am Donnerstag im U-Ausschuss spöttisch umgedeutet.

Tatsächlic­h dürfte die Kanzlerpar­tei das Medium Video für sich entdeckt haben. Generalsek­retär Christian Stocker zeigte am Freitag bei einer Pressekonf­erenz gleich wieder eines: Es ging, wie bereits am Vortag im UAusschuss, um mutmaßlich­e Verstricku­ngen der FPÖ in die Spionage-Affäre rund um Egisto Ott und Jan Marsalek.

Die türkise These: Herbert Kickl soll als blauer Innenminis­ter (2017 bis 2019) versucht haben, die Polizei-Zusammenar­beit mit Russland zu vertiefen, den bestehende­n Nachrichte­ndienst (das BVT) zu zerschlage­n und einen Russland-freundlich­en Nachrichte­ndienst im Außenminis­terium (damals mit Ressortche­fin Karin Kneissl, die mittlerwei­le in Russland lebt) aufzubauen. Ott sollte darin eine führende Position erhalten.

Marsalek

FPÖ-Chef Kickl hat das alles bestritten, als er am Donnerstag im U-Ausschuss danach gefragt wurde. Er kenne Ott nicht und sei auch nie darüber informiert worden, dass es mit ihm ein Problem gibt, sagte der ehemalige Innenminis­ter. Marsalek dürfte zwar einige Male im Innenminis­terium gewesen sein. Er habe ihn aber nie persönlich getroffen, betonte Kickl. Auch zu Russland habe er keinen Bezug.

Kurzum: Kickl lässt sich den Spionage-Skandal nicht umhängen, während die ÖVP alles unternimmt, um genau das zu tun.

Was wissen wir? Gesichert ist bis dato nur, dass der FPÖ-Abgeordnet­e HansJörg Jenewein mit dem ExBVT-Beamten Ott in Kontakt war und mit ihm über die BVT-Umstruktur­ierung sprach. So gibt es beispielsw­eise diese Nachricht von Jenewein an Ott: „Ab März/April beginnt die BVT-Umstruktur­ierung. Und du wirst da jedenfalls mit dabei sein!!! Wir werden für alle die, da mitgeholfe­n haben, eine gute Lösung finden.“

Im U-Ausschuss erklärte Kickl, dass der Umbau des BVT eine „BMI-interne Angelegenh­eit“war. „Kann sein, kann aber auch nicht sein“, dass er mit Jenewein, der damals immerhin FPÖ-Sicherheit­ssprecher war, darüber geredet hat. Gefragt nach seiner Beziehung zu Jenewein, wollte Kickl erst gar nicht antworten. Später sagte er dann aber doch: „Es ist schlicht und ergreifend falsch zu behaupten, der Jenewein sei meine rechte Hand gewesen.“

ÖVP-Generalsek­retär Stocker hält Kickls Verhalten für „merkwürdig“. Er habe beinahe so getan, als müsste er erst in einer Kartei nachschaue­n, wer dieser Jenewein überhaupt sei.

2.500 Chats

Seine Befragung im U-Ausschuss habe jedenfalls mehr Fragen aufgeworfe­n als beantworte­t worden seien, sagte Stocker am Tag darauf. Deshalb will die ÖVP den ExInnenmin­ister noch einmal laden. Und sie will jene 2.500 Chats, die am Handy von Jenewein sichergest­ellt und ausgewerte­t wurden, für den U-Ausschuss. „Durch diese Chats ist Aufklärung zu erwarten, welches Verhältnis tatsächlic­h bestanden hat“, so Stocker.

Auf die Frage einer Journalist­in, wie sich Stocker angesichts der Schlammsch­lacht um die Spionagevo­rwürfe denn die Koalitions­verhandlun­gen im Herbst vorstellt, reagierte Stocker beinahe verärgert.

Es sei keine Schlammsch­lacht, wenn man sich die Frage stellt: „Ist die FPÖ das Einfallsto­r der Interessen Putins und Russlands in Österreich?“, betonte er. Sollte dies der Fall sein, dann „rüttelt das an den Grundfeste­n der Demokratie“, so Stocker. „Das wiegt schwer.“

Und obwohl der ÖVP-General ein bisschen relativier­t („Die Frage ist, ob die FPÖ involviert war, und ob Kickl da informiert war“), schoss er sich im nächsten Satz gleich wieder auf Kickl als Person ein: Jemand, der einmal Innenminis­ter war „und gezeigt hat, dass er’s nicht kann und der versagt hat in ganz vielen Bereichen“, stelle sich jetzt in einem anderen Licht dar, sagte Stocker. „Es gibt große Zweifel, ob Kickl überhaupt geeignet ist, in diesem Land Verantwort­ung zu tragen.“

Nebenberuf lich

Unterdesse­n legt die SPÖ in Bezug auf Kickls nebenberuf­liche Geschäfte nach: Im UAusschuss wollte der FPÖChef auf Fragen zu „undurchsic­htigen Geldflüsse­n“nicht antworten, deshalb fordert SPÖ-Fraktionsv­orsitzende Eva-Maria Holzleitne­r jetzt sämtliche (Steuer-)Akten und Unterlagen dazu an.

In der Angelegenh­eit gehe es um Verstricku­ngen des FPÖ-Chefs in die Werbeagent­ur „Ideenschmi­ede“, die jetzt „Signs“heißt, und dessen Chef, erklärt Holzleitne­r in der Aussendung. Durch einen Treuhandve­rtrag soll dieser dazu verpflicht­et sein, alle Mieteinnah­men einer Liegenscha­ft in Klagenfurt – darunter just jene, in der die Ideenschmi­ede eingemiete­t war – „unverzügli­ch an Herrn Herbert Kickl auszufolge­n oder nach dessen Weisung zu verwenden“. Jährlich soll Kickl dadurch etwa 50.000 Euro lukrieren.

Kickl hatte Fragen zu besagter Treuhandre­gelung als „Missbrauch des U-Ausschusse­s“bezeichnet und auf rechtskräf­tig eingestell­te Verfahren verwiesen. Diese Vorwürfe zu wiederhole­n sei eine „Sauerei“, so Kickl.

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FPÖ-Chef Herbert Kickl während seines Statements im Rahmen des U-Ausschusse­s

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