Schwarz-Rot gegen Kickl
Spionage-Causa. Nach dem Auftritt des FPÖ-Chefs im U-Ausschuss legt ÖVP-Generalsekretär Stocker am Freitag nach. Die SPÖ will unterdessen Kickls „Geheim-Deals“aufklären
Als „Österreichs Video Partei“hat FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker die Abkürzung „ÖVP“am Donnerstag im U-Ausschuss spöttisch umgedeutet.
Tatsächlich dürfte die Kanzlerpartei das Medium Video für sich entdeckt haben. Generalsekretär Christian Stocker zeigte am Freitag bei einer Pressekonferenz gleich wieder eines: Es ging, wie bereits am Vortag im UAusschuss, um mutmaßliche Verstrickungen der FPÖ in die Spionage-Affäre rund um Egisto Ott und Jan Marsalek.
Die türkise These: Herbert Kickl soll als blauer Innenminister (2017 bis 2019) versucht haben, die Polizei-Zusammenarbeit mit Russland zu vertiefen, den bestehenden Nachrichtendienst (das BVT) zu zerschlagen und einen Russland-freundlichen Nachrichtendienst im Außenministerium (damals mit Ressortchefin Karin Kneissl, die mittlerweile in Russland lebt) aufzubauen. Ott sollte darin eine führende Position erhalten.
Marsalek
FPÖ-Chef Kickl hat das alles bestritten, als er am Donnerstag im U-Ausschuss danach gefragt wurde. Er kenne Ott nicht und sei auch nie darüber informiert worden, dass es mit ihm ein Problem gibt, sagte der ehemalige Innenminister. Marsalek dürfte zwar einige Male im Innenministerium gewesen sein. Er habe ihn aber nie persönlich getroffen, betonte Kickl. Auch zu Russland habe er keinen Bezug.
Kurzum: Kickl lässt sich den Spionage-Skandal nicht umhängen, während die ÖVP alles unternimmt, um genau das zu tun.
Was wissen wir? Gesichert ist bis dato nur, dass der FPÖ-Abgeordnete HansJörg Jenewein mit dem ExBVT-Beamten Ott in Kontakt war und mit ihm über die BVT-Umstrukturierung sprach. So gibt es beispielsweise diese Nachricht von Jenewein an Ott: „Ab März/April beginnt die BVT-Umstrukturierung. Und du wirst da jedenfalls mit dabei sein!!! Wir werden für alle die, da mitgeholfen haben, eine gute Lösung finden.“
Im U-Ausschuss erklärte Kickl, dass der Umbau des BVT eine „BMI-interne Angelegenheit“war. „Kann sein, kann aber auch nicht sein“, dass er mit Jenewein, der damals immerhin FPÖ-Sicherheitssprecher war, darüber geredet hat. Gefragt nach seiner Beziehung zu Jenewein, wollte Kickl erst gar nicht antworten. Später sagte er dann aber doch: „Es ist schlicht und ergreifend falsch zu behaupten, der Jenewein sei meine rechte Hand gewesen.“
ÖVP-Generalsekretär Stocker hält Kickls Verhalten für „merkwürdig“. Er habe beinahe so getan, als müsste er erst in einer Kartei nachschauen, wer dieser Jenewein überhaupt sei.
2.500 Chats
Seine Befragung im U-Ausschuss habe jedenfalls mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet worden seien, sagte Stocker am Tag darauf. Deshalb will die ÖVP den ExInnenminister noch einmal laden. Und sie will jene 2.500 Chats, die am Handy von Jenewein sichergestellt und ausgewertet wurden, für den U-Ausschuss. „Durch diese Chats ist Aufklärung zu erwarten, welches Verhältnis tatsächlich bestanden hat“, so Stocker.
Auf die Frage einer Journalistin, wie sich Stocker angesichts der Schlammschlacht um die Spionagevorwürfe denn die Koalitionsverhandlungen im Herbst vorstellt, reagierte Stocker beinahe verärgert.
Es sei keine Schlammschlacht, wenn man sich die Frage stellt: „Ist die FPÖ das Einfallstor der Interessen Putins und Russlands in Österreich?“, betonte er. Sollte dies der Fall sein, dann „rüttelt das an den Grundfesten der Demokratie“, so Stocker. „Das wiegt schwer.“
Und obwohl der ÖVP-General ein bisschen relativiert („Die Frage ist, ob die FPÖ involviert war, und ob Kickl da informiert war“), schoss er sich im nächsten Satz gleich wieder auf Kickl als Person ein: Jemand, der einmal Innenminister war „und gezeigt hat, dass er’s nicht kann und der versagt hat in ganz vielen Bereichen“, stelle sich jetzt in einem anderen Licht dar, sagte Stocker. „Es gibt große Zweifel, ob Kickl überhaupt geeignet ist, in diesem Land Verantwortung zu tragen.“
Nebenberuf lich
Unterdessen legt die SPÖ in Bezug auf Kickls nebenberufliche Geschäfte nach: Im UAusschuss wollte der FPÖChef auf Fragen zu „undurchsichtigen Geldflüssen“nicht antworten, deshalb fordert SPÖ-Fraktionsvorsitzende Eva-Maria Holzleitner jetzt sämtliche (Steuer-)Akten und Unterlagen dazu an.
In der Angelegenheit gehe es um Verstrickungen des FPÖ-Chefs in die Werbeagentur „Ideenschmiede“, die jetzt „Signs“heißt, und dessen Chef, erklärt Holzleitner in der Aussendung. Durch einen Treuhandvertrag soll dieser dazu verpflichtet sein, alle Mieteinnahmen einer Liegenschaft in Klagenfurt – darunter just jene, in der die Ideenschmiede eingemietet war – „unverzüglich an Herrn Herbert Kickl auszufolgen oder nach dessen Weisung zu verwenden“. Jährlich soll Kickl dadurch etwa 50.000 Euro lukrieren.
Kickl hatte Fragen zu besagter Treuhandregelung als „Missbrauch des U-Ausschusses“bezeichnet und auf rechtskräftig eingestellte Verfahren verwiesen. Diese Vorwürfe zu wiederholen sei eine „Sauerei“, so Kickl.