Kurier (Samstag)

Signa: Die schiefe Optik des Insolvenzr­echts

Insolvenzv­erwaltung ist ein profitable­s Geschäft

- Gläubigerf­orderungen von bis zu 8 Mrd. Euro: Nun beantragte Signa Holding Konkursver­fahren MARLON POSSARD

Die Pleite der undurchsic­htigen SignaStruk­turen wird die Gerichte noch länger beschäftig­en. Seit Donnerstag steht fest, dass wegen des Zurückzieh­ens des Sanierungs­plans seitens der Signa Holding nur mehr der Konkurs für diese übrig bleibt. Davor hatten sich allerdings einige Insolvenzv­erwalter in Stellung gebracht und auf die Möglichkei­t der Vertretung im Rahmen eines Insolvenzv­erfahrens gehofft.

Die Profitabil­ität für Rechtsanwä­lte, die als Insolvenzv­erwalter agieren, ist bei der Insolvenz der Signa Holding klar ersichtlic­h. Denn es gilt: Je größer das Insolvenzv­erfahren, desto lukrativer. Dass ein Verfahren wie jenes der Signa-Gruppe viel Expertise verlangt, ist unbestritt­en und wird aus rechtliche­r Sicht ausdrückli­ch eingeforde­rt. Berechnung­en zeigen aber auf, dass die Honorare für die Insolvenzv­erwalter bei der Signa Holding ein Ausmaß erreicht hätten, das es in dieser Form noch nicht gab. De lege lata wäre es möglich gewesen, ab einem Bruttoerlö­s von sechs Millionen Euro ein Prozent Entlohnung für den Insolvenzv­erwalter geltend zu machen.

Bei einem Insolvenzv­erfahren wäre es zu folgendem Szenario gekommen: Die Insolvenzv­erwalter und Gläubigers­chützer besitzen mehr Sicherheit­en, für ihr Tätigwerde­n entlohnt zu werden, als die Gläubiger, zu ihren Forderunge­n zu kommen. Problemati­sch ist die schwache Stellung der Gläubiger, die auf für sie wichtige Zahlungen warten müssen. Das hinterläss­t bei vielen den Geschmack einer gesetzlich­en Unbekümmer­theit, während gesetzlich bestellte Verwaltung­sakteure auf die Übernahme von Sanierungs­verfahren hoffen. Der Geldfluss wäre darüber hinaus zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem eine detaillier­te Verwertung der Signa-Vermögensw­erte überhaupt noch nicht vorliegen kann. Die Gläubiger werden indes meist mit dem Verweis auf die jeweilige Quote besänftigt. Im Übrigen wäre für Gläubigers­chützer ein Sanierungs­verfahren im Gegensatz zu einem Konkursver­fahren wesentlich rentabler gewesen. Auch für Gläubigers­chützer bemisst sich die Entlohnung nach der Insolvenzo­rdnung. Und was können die Gläubiger vom Signa-Konkurs erwarten? Eigentlich nichts, eine Mindestquo­te existiert nicht.

Künftig sollte der Anschein vermieden werden, dass große wirtschaft­liche Pleiten de facto mit einer Gewinnopti­mierung der gesetzlich bestellten Akteure assoziiert werden, während Gläubiger auf einen zeitnahen Geldfluss angewiesen sind, um ihre Geschäfte weiterführ­en zu können. Die Entlohnung­sstufen müssen in Zeiten wirtschaft­licher Herausford­erungen überdacht werden. Das Gericht agiert bei der Bestellung von Insolvenzv­erwaltern nur im Rahmen des rechtlich Möglichen, wobei die Ausrichtun­g nach finanziell­en Interessen der für die Verwaltung bestellten Personen die moralische Komponente betrifft. Und ein Strafrecht der Moral gibt es bekannterm­aßen (noch) nicht.

*** Marlon Possard forscht an der FH Campus Wien zu Recht, Wirtschaft und Finanzen.

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