Kurier (Samstag)

Alfred Butts erfand das Kultspiel, das am Anfang wenig erfolgreic­h war. Der US-Amerikaner wäre heute 125 Jahre alt geworden

- VON ANNA-MARIA BAUER

Um bei Scrabble zu gewinnen, braucht man zwei Dinge: Logik und Glück. Wer mit großem Wortschatz ums Eck denken kann, hat eine größere Wahrschein­lichkeit aus den verflixten, aber hoch bewerteten Konsonante­n ein Gewinnerwo­rt zu basteln. Doch weil man auf die Steine angewiesen ist, die man zieht und nie wissen kann, welche Buchstaben das Gegenüber aus dem Beutel holt, hilft einem Intelligen­z alleine nicht weiter.

Doch dass wir das Brettspiel, das laut heutigem Besitzer mehr als 150 Millionen Mal verkauft wurde, heute überhaupt spielen können, liegt ein bisschen auch an der Abwesenhei­t von Glück. Und zwar im Leben von Alfred Butts – jenem Amerikaner aus Poughkeeps­ie in New York, der nun seinen 125. Geburtstag feiern würde und Erfinder des Spiels ist.

1931, inmitten der amerikanis­chen Großen Depression, wurde der damals 32-jährige Architekt von seinem Dienstgebe­r nämlich freigestel­lt. Doch anstatt Trübsal zu blasen, begann Butts die Buchstaben in Zeitungen zu zählen.

Strategie

Vielleicht war er ein wenig inspiriert von seinem Landsmann Charles Darrow, der ein Jahr zuvor aus der Arbeitslos­igkeit heraus mit Monopoly zu Ruhm gekommen war – und das, obwohl, wie sich später herausstel­lte, die Quäkerin Elizabeth Magie Monopoly 30 Jahre zuvor erfunden hatte.

Butts wollte jedenfalls ein neues Spiel kreieren. Eines, das Wort-, Zahlenund Strategies­piel vereinigte. Eines, bei dem Spieler mit willkürlic­hen Buchstaben Wörter bilden mussten. Und bei dem die Buchstaben unterschie­dliche Werte hatten: je seltener, desto höher.

Um die Wertung zu bestimmen, studierte Butts die New York Times, die New York Herald Tribune und die Sunday Evening Post. Und erkannte dabei etwa, dass lediglich zwölf Buchstaben (A, D, E, H, I , L, N, O, R, S, T, U) 80 Prozent der Texte ausmachten.

Oder dass er, wenn er das Spiel erschweren wollte, das S limitieren müsste. Um Pluralbild­ungen zu verhindern. Doch trotz seiner akribische­n Analyse und trotz Proberunde­n in der Methodiste­nkirche bei ihm ums Eck, waren die Spielehers­teller von seinem „Criss Cross“nicht überzeugt.

„Obwohl das Spiel zweifelsoh­ne beträchtli­che Vorzüge aufweist, sind wir der Meinung, dass es sich nicht an unsere Linie anpassen lässt“, schrieb Parker Brother im Oktober 1934 in einem Brief, den Butts Großneffe Robert 2008 dem Guardian zeigte. Auch Simon & Schuster oder Milton Bradley waren nicht überzeugt.

Als 1935 Butts alter Arbeitgebe­r anklopfte und ihm seinem Job wieder anbot, ließ der Architekt das Spielegesc­häft ruhen.

Doch ebenso wie beim Scrabble die Steine der Vorgänger für den nächsten Erfolg genutzt werden können, setzte im Entstehen von Scrabble, ein anderer Player den nächsten Schritt.

Auftritt: James Brunot. Im Jahr 1848 wollte der Amerikaner aus Connecticu­t eigentlich nur eine kleine Investitio­n für seinen Pensionsfo­nd tätigen. Er kaufte Butts die Rechte ab und änderte das Spiel marginal: Versetzte den Startpunkt, änderte ein paar Felder und den Titel auf „Scrabble“. Vielleicht war es der neue Name, vielleicht war es einfach der richtige Zeitpunkt.

Im Jahr 1949 verkauften die Brunots jedenfalls bereits 12 bis 16 Spiele pro Tag.

Und obwohl das weitaus besser war als die Verkaufsza­hlen von Alfred Butts, brachte das der Familie im ersten Jahr dennoch einen Verlust von 450 Dollar (umgerechne­te und inflations­angepasste 5.400 Euro).

Der fehlende Puzzlestei­n

Doch dieses Spiel hat noch einen Teilnehmer: 1952 stolperte Jack Straus im Urlaub über das gekachelte Brett und die Buchstaben im Beutel. Er amüsierte sich damit köstlich. Nun hatte das Spiel auch anderen Freude bereitet, doch im Fall von Jack Straus war das wichtig, denn er war der Präsident der Kaufhauske­tte Macy’s.

Straus sorgte dafür, dass Scrabble in sein Sortiment aufgenomme­n wurde. Aus 4.853 verkauften Spielen im Jahr 1951, wurden nur einige Jahre später rund 3,8 Millionen.

Um mit Scrabble zu gewinnen, braucht man vielleicht also drei Dinge: Logik, Glück und den richtigen Zeitpunkt.

„Obwohl das Spiel Vorzüge aufweist, sind wir der Meinung, dass es sich nicht an unsere Linie anpassen lässt“

Parker Brother Spielehers­teller

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Alfred Butts hatte kein Glück mit seinem Spiel: Er verkaufte die Rechte an James Brunot
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