Kurier (Samstag)

Warum haben viele Menschen Angst vor Kellnern?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die Sie überrasche­n werden

- Von Andreas Bovelino

Sie trauen sich nicht ins Restaurant. Also viele, vor allem jüngere Menschen. „Menu Anxiety“, eine Speisekart­enPhobie, wurde in Amerika für die sogenannte Gen Z, das ist die Altersklas­se von Teenagern bis Endzwanzig­ern, diagnostiz­iert. Sie hätten, gaben die Probanden zu Protokoll, panische Angst davor, etwas Falsches auszuwähle­n – und mit dem Kellner zu sprechen. Wobei das, also die Furcht vor dem Gespräch mit dem Experten, ein wesentlich­er Teil dieser Phobie zu sein scheint. Denn auch an den Terminals der Burgerkett­en gibt es eine Art Speisekart­e, und über die Hürde, eine Auswahl unter verschiede­nen Speisen treffen zu müssen, kommt man auch beim gerade bei den Jungen überaus beliebten Online-Bestellen nicht herum. Gabriel Rubin, Professor an der bei der Studie beteiligte­n Montclair State University, sieht als Grund ein Problem beim sozialen Interagier­en. „Digital Natives haben einige traditione­lle soziale Fähigkeite­n nicht erlangt“, sagt er. Dafür haben sie andere Kompetenze­n. Verstärken­d, und das treffe auch auf andere Generation­en zu, wirkt in diesem Zusammenha­ng die noch nicht verdaute Covid-Pandemie, während der jeder soziale Umgang eben stark eingeschrä­nkt war. Vor allem mit Menschen außerhalb des unmittelba­ren Umfelds. Da dürfte sogar bei Boomern ein bissl was eingeroste­t sein. Und es ist ja auch tatsächlic­h eine Herausford­erung. Will man den Kellner auf sich aufmerksam machen, lenkt man natürlich ebenso die Blicke anderer Gäste auf sich. Kommt der gute Mann dann an den Tisch, sieht man sich in einer Konfrontat­ion mit jemandem, der zum Thema mehr weiß als man selber. Was für viele zum Stressfakt­or wird. Dagegen hilft nur eines: So viel und so oft wie möglich ins Gasthaus, Beisl oder Restaurant gehen. Und es auf diese Weise wie Thomas Bernhard zu halten. Der hatte zwar vor Kellnern keine Angst, sondern nur vor Umkleideka­binen, dafür hasste er sie aber aus ganzem Herzen. Vor allem die „arroganten Wiener Kaffeehaus­kellner“. Trotzdem hat er Cafés, wie er selber schrieb, „täglich aufgesucht“. In diesem Sinne jetzt einmal ganz lässig – oder auch ein bissl forsch: Herr Ober, die Karte bitte!

Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechseln­d über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftig­en.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria