Kurier (Samstag)

Die Monarchie und ihre Wirtschaft­sfeindlich­keit

Historiker Peter Eigner über die Wurzeln unserer Skepsis

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KURIER: Dass Unternehme­r hierzuland­e einen durchwachs­enen Ruf genießen – ist das historisch gewachsen?

Peter Eigner: Ich glaube, dass das historisch­e Wurzeln hat, wäre aber vorsichtig mit der kompletten Radikalitä­t dessen. Schon im 19. Jahrhunder­t zeigte sich eine Mentalität, wo jungen Söhnen die Karriere im Militär oder als Beamter weit erstrebens­werter erschien, als als Industriel­ler tätig zu werden.

Weshalb war das so?

Es gibt keine eindeutige­n Belege. Aber das eine ist die Uniform in der Militärkar­riere, die hat im 19. Jahrhunder­t einen unheimlich­en Glanz für Männer und für Frauen.

Und das Beamtentum?

Das hängt mit der Beamtentra­dition zahlreiche­r Regierunge­n in der Monarchie zusammen. Das sind vielfach Beamtenreg­ierungen gewesen und die gelten nicht als sonderlich wirtschaft­sfreundlic­h, bereits im Biedermeie­r, also im Vormärz des 19. Jahrhunder­ts. Wer waren dann die Unternehme­r dieser Zeit?

Sie gehörten oftmals den religiösen Minderheit­en an. Dem Protestant­ismus oder dem Judentum. Man hat vielfach auf den Unterschie­d zwischen Protestant­ismus und Katholizis­mus seit Max Weber hingewiese­n. Man behauptete, dass Protestant­en den wirtschaft­lichen Erfolg eher als von Gott gegeben ansehen und dadurch motiviert werden, eher wirtschaft­lich tätig zu sein. Aber natürlich bedeutet das nicht, dass nur protestant­ische Länder in diesem Jahrhunder­t erfolgreic­h waren.

Zum einen wollte die Bevölkerun­g also die Sicherheit, das Prestige. Umgekehrt war man doch neidisch, wenn andere das Risiko wagten.

Genau. Neid spielt leider eine ganz große Rolle, wir sehen das später beim Antisemiti­smus und bei den schrecklic­hen Geschehnis­sen des 20. Jahrhunder­ts. Aber es gibt noch ein drittes Moment: Die Wirtschaft, speziell in Wien, war immer auf den Hof ausgericht­et. Da gab es eine fixe Nachfrage an bestimmten Produkten, denken Sie nur an die zahlreiche­n Hofliefera­nten. Wir haben es ja bis heute mit einer kleinbis mittelbetr­ieblichen Wirtschaft zu tun. Karl Wittgenste­in etwa wird als Amerikaner in Wien bezeichnet, weil er auf einmal einen Maßstab annahm, der in Wien ungewohnt war. Großindust­rielle hat es ja wenige gegeben. Auch das stößt wieder auf Neid.

Unsere kritische Haltung ist also eine nationale Besonderhe­it?

Ja, es ist schon etwas Österreich­isches, aber man muss sehr vorsichtig sein. Das wird es in anderen Ländern schon auch geben. Sieht man sich unsere gesellscha­ftliche Situation an, lässt sich noch eine weitere Wurzel erkennen: Man spricht mehr von einer „Untertanen-Mentalität“und einer stark von Beamten regierten Bevölkerun­g. Revolution­en passieren deshalb nicht von unten, sondern sind ab Joseph II. fast immer von oben verordnet.

Das ausführlic­he Interview lesen Sie auf kurier.at

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Eigner widmete den Wittgenste­ins zuletzt ein Buch

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