Straftaten gegen Asylwerber verdreifacht
Staatsschutz warnt. Radikalisierung der Mitte/ Flüchtling bewusst mit Pkw angefahren/ Rekord an Terrorverfahren
Die Zahl der registrierten ausländerfeindlichen Straftaten hat 2015 stark zugenommen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung bestätigte eine Verdreifachung. Peter Gridling, Chef der Verfassungsschützer, erklärt: „2015 gab es so viele Straftaten wie die drei Jahre davor zusammengerechnet.“197 Vorfälle wurden registriert, darunter Angriffe auf Asylwerber und Helfer sowie Sachbeschädigungen bei Quartieren. Dazu kommen 323 fremdenfeindliche oder rassistische Straftaten.
Auch heuer wurden bereits Zwischenfälle bekannt. Mittwochabend versuchte ein Autolenker offenbar gezielt, zwei Flüchtlinge in der Nähe ihrer Unterkunft in Graz-Umgebung zu rammen. Ein junger Marokkaner wurde leicht verletzt, als er zur Seite sprang. Montagnacht wurde ein Asylwerber von einem Auto angefahren und schwer verletzt, als er eine Straße überquerte. Der Lenker beging Fahrerflucht. Die Fälle sollen laut Polizei aber nicht zusammenhängen: In einem Fall war das Auto rot, im anderen silber.
Als Hauptgrund für den Anstieg ortet Gridling eine zunehmende Polarisierung in der Bevölkerung. „Der Ton wird deutlich aggressiver. Äußerungen wie früher in den extremistischen Rändern, links wie rechts, werden plötzlich von der Mitte aufgegriffen.“
Zusätzlich steige das Gewaltpotenzial bei Demonstrationen. „Wir sehen diese Entwicklung mit großer Sorge“, betonte Gridling. Ob die Vorfälle in Köln sowie die sexuellen Übergriffe auf Frauen in Österreich durch Asyl- werber eine weitere Verschärfung brächten, wolle er nicht prognostizieren: „Dass die Berichterstattung und die öffentliche Diskussion die Sache anheizen, davon kann man sehr wohl ausgehen.“
Rechte und linke Demos
Ein Beleg für die aufgeheizte Stimmung waren auch die Demonstrationen gestern in Graz. Ausgerechnet in der Nähe des Heimes für jugendliche Flüchtlinge im Bezirk Andritz marschierte Pegida, die linke Seite konterte mit Gegendemonstrationen und einer Mahnwache. Die Polizei trennte die Gruppen, insgesamt kamen rund 600 Vertreter von Rechten und Linken, es gab bis gestern Nachmittag keine Zwischenfälle.
Die konkrete islamistische Gefahr spiele eine entscheidende Rolle. „Wir hatten noch nie so viele Terrorismusverfahren in Österreich wie jetzt“, erklärte der Verfassungsschützer. Nicht ausschließen wollte er im Morgenjournal, dass sich radikalisierte Personen auch in den Flüchtlingsstrom mischen. Entsprechenden Hinweisen sei man aber immer nachgegangen. Gridling warnte aber davor, „Flüchtlinge unter einen Generalverdacht zu stellen“.