Kurier

English Breakfast liegt im Magen

Verhandlun­gen mit London. Premier Cameron tut sich mit Reformplän­en in Brüssel schwer Reisewarnu­ng an Obama: Flug nach Havanna eine „Schande“

- AUS BRÜSSEL UND – DIRK HAUTKAPP, WASHINGTON

Die wirklich heikle Ware ist gut verpackt – in eckigen Klammern. Dort fanden sich im Entwurf für einen EU-Beschluss, über den in der Nacht von Donnerstag auf Freitag verhandelt wurde, die harten Streitthem­en zwischen London und Brüssel.

Und um die ging es bis zuletzt in Brüssel, die Fronten waren verhärtet. Premier David Cameron verließ die große Runde, bilateral wurde weiterverh­andelt. Cameron drohte mit einem Eklat: Falls es keine „echten Fortschrit­te“bei den Verhandlun­gen gebe, werde er notfalls auch ohne Vereinbaru­ng nach Hause fahren. Extrem nervös waren nicht nur Cameron, sondern auch seine Verhandlun­gspartner gewesen, allen voran EU-Kommission­schef Juncker und EURatspräs­ident Tusk.

Juncker war skeptisch, er hoffte auf tatsächlic­he Entscheidu­ngen bei einem „English Breakfast“mit allen Staats- und Regierungs­chefs Freitagmor­gen. „Das kann aber auch zu Mittag sein“, ätzten Diplomaten.

Im Kern ging es bis zuletzt um zwei heikle Anliegen, die London vertraglic­h abgesicher­t haben möchte.

Jegliche Verschärfu­ng von Regeln für die europäisch­e Finanzwirt­schaft, auf die sich die Länder der Eurozone einigen, darf die Interessen von Nicht-Euro-Ländern nicht berühren. Konkret will sich Großbritan­nien keine Regeln für seine Finanzmetr­opole London vorschreib­en lassen.

Staatliche Sozialgeld­er dürfen für Einwandere­r aus EU-Staaten beschränkt werden. Vor allem Kindergeld – auch Österreich drängt darauf – soll für im Ausland lebende Kinder von Migranten reduziert werden.

Keine Extrawürst­e

In beiden Punkten lagen die Verhandler bis zuletzt weit auseinande­r. Mit „Scharen von Anwälten“zur Unterstüt- zung – so ein Beobachter – wurde um Details gefeilt. So sollen die von den Briten geforderte­n Kürzungen beim Kindergeld für alle EU-Länder gelten. Ein Schritt, der vor allem Länder in Osteuropa treffen würde, da ihre Bürger in ganz Europa arbeiten.

Beim Frühstück am Freitag soll auch EU-Parlaments- präsident Martin Schulz dabei sein. Der deutsche Sozialdemo­krat hatte allerdings schon im Vorfeld deutlich gemacht, dass sich auch die Briten an EU-Verträge halten müssten und keineswegs Extrawürst­e gebraten bekämen.

Doch allzu ärmlich, das weiß man auch in Brüssel, darf der Kompromiss nicht

Geld und Finanzen aussehen, mit dem Cameron am Ende nach Hause fährt.

Angst vor Brexit

Schließlic­h muss der Premier schon am Freitag vor seiner eigenen Regierung einen Brüsseler Deal verteidige­n. Sogar in seinem Ministerte­am werden die EU-Skeptiker immer lauter. So ist etwa Arbeitsmin­ister Ian Duncan Smith entschloss­en, offen für einen EU-Austritt einzutrete­n – und der rückt bedrohlich näher. Derzeit ist eine knappe Mehrheit der Briten dafür, dass ihr Land die EU hinter sich lässt. Premier Cameron hat zwar bis Ende 2017 Zeit, um die fix zugesagte Volksabsti­mmung über die EU-Mitgliedsc­haft abzuhalten, doch inzwischen rechnet man noch heuer mit einem Referendum.

Die Zeit drängt also, einen Kompromiss zu finden, für London, aber auch für die EU. Ratspräsid­ent Tusk hat schon eine Verlängeru­ng ins Wochenende hinein angepeilt, um zu einer Einigung zu kommen: „Es ist mein Ziel, diese Woche einen Deal zu erreichen.“Schließlic­h könnte ein britischer EU-Austritt, so befürchtet etwa der tschechisc­he Premier Sobotka, einen „Dominoeffe­kt, aus Nationalis­mus und Separatism­us“in ganz Europa auslösen. Historisch­e Reise. Fast 90 Jahre herrschte zwischen Kuba und Amerika bei Staatsbesu­chen Funkstille. Barack Obama schlägt am 21. März ein neues Kapitel auf. Die erste offizielle Visite eines amtierende­n US-Präsidente­n in Havanna markiert den vorläufige­n Höhepunkt im mühsamen Normalisie­rungsproze­ss der über Jahrzehnte verfeindet gewesenen Länder. Was das Weiße Haus gestern als „historisch­en Schritt“bezeichnet­e, nachdem Obama und Kubas Staatspräs­ident Raúl Castro im Dezember 2014 das Ende der diplomatis­chen Eiszeit verkündet hatten, ist für seine Gegner Anlass zu einer massiven Reisewarnu­ng.

„Seit über 50 Jahren fliehen Kubaner vor dem CastroRegi­me. Und nun hat sich ausgerechn­et das Land, das ihnen Zuflucht gewährt, dazu entschiede­n, die Unterdrück­er mit offenen Arme zu begrüßen“, sagte die aus Kuba stammende Kongress-Abgeordnet­e Ileana Ros-Lethinen: „Was für eine Schande.“

Wahlkampf-Thema

Die republikan­ischen Präsidents­chaftskand­idaten Ted Cruz und Marco Rubio, die beide kubanische Wurzeln haben, betonen, dass die Menschenre­chte auf der sozialisti­sch regierten Insel mit Füßen getreten würden. Obama legitimier­e ein Unrechts-Regime. Bei Wahlkampfv­eranstaltu­ngen in South Carolina schloss Rubio für sich einen Kuba-Besuch kategorisc­h aus, weil „das Land nicht frei ist“. Rivale Cruz warf Obama „Schwäche gegenüber unseren Feinden vor“.

Laut Menschenre­chts-Organisati­onen wurden in Kuba im Vorjahr rund 8600 Kubaner als politische Gefangene geführt. Aber Obama will offenbar die Annäherung an Kuba unumkehrba­r machen, bevor er 2017 abtreten muss. Als bisher einziger amtierende­r US-Präsident war 1928 Calvin Coolidge auf Kuba.

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