Ein reizender „Reigen“als Ensemble-Staffellauf
Kritik. Werner Schwab lustvoll in der Roten Bar
Was war das für eine Aufregung vor 21 Jahren! Die Erben nach Arthur Schnitzler verboten die Uraufführung von Werner Schwabs Paraphrase „Der reizende Reigen nach dem Reigen des reizenden Herrn Arthur Schnitzler“. Doch das Stück ist alles andere als eine Schändung, es ist sogar hoch moralisch:
In seiner Komödie, die sich vom Auf bau her strikt an das Original hält, thematisiert der Grazer Dramatiker, in der Neujahrsnacht 1994 schwer alkoholisiert gestorben, die Reduktion der Liebe auf den Sex. Schnitzler spart in seinem Ringelreihen den Akt aus; Schwab hingegen betont ihn – allerdings auf verdinglichte Art: Alle Männer haben abschraubbare Geschlechtsteile, alle weiblichen Figuren austauschbare Muttern. In der brechend vollen Roten Bar des Wiener Volkstheaters wurde dieser Reigen am Mittwochabend um 22 Uhr wirklich reizend zur Aufführung gebracht – als Teil der Reihe „Nachtvolk“.
Man behalf sich mit güldenen Schellen und einem Metallrohr, das wie eine Stafette übergeben wurde. Ansonsten hielt man sich vollständig und ohne Kürzungen an den hochkomischen Text. Statt eines Regiekonzepts gab es eine abwechslungsreiche „szenische Einrichtung“von Calle Fuhr – und wundersames Schauspielertheater mit bloß drei Sesseln als Requisiten: Das halbe Volkstheater-Ensemble wirkte mit, es lernte sogar die absurd verdrehten Schwab-Sätze auswendig, trieb also enormen Aufwand. Direktorin Anna Bodora ist gut beraten, diese lustvoll-spritzigen 75 Minuten in ihr Programm aufzunehmen.