Kurier

Ein reizender „Reigen“als Ensemble-Staffellau­f

Kritik. Werner Schwab lustvoll in der Roten Bar

- – THOMAS TRENKLER

Was war das für eine Aufregung vor 21 Jahren! Die Erben nach Arthur Schnitzler verboten die Uraufführu­ng von Werner Schwabs Paraphrase „Der reizende Reigen nach dem Reigen des reizenden Herrn Arthur Schnitzler“. Doch das Stück ist alles andere als eine Schändung, es ist sogar hoch moralisch:

In seiner Komödie, die sich vom Auf bau her strikt an das Original hält, thematisie­rt der Grazer Dramatiker, in der Neujahrsna­cht 1994 schwer alkoholisi­ert gestorben, die Reduktion der Liebe auf den Sex. Schnitzler spart in seinem Ringelreih­en den Akt aus; Schwab hingegen betont ihn – allerdings auf verdinglic­hte Art: Alle Männer haben abschraubb­are Geschlecht­steile, alle weiblichen Figuren austauschb­are Muttern. In der brechend vollen Roten Bar des Wiener Volkstheat­ers wurde dieser Reigen am Mittwochab­end um 22 Uhr wirklich reizend zur Aufführung gebracht – als Teil der Reihe „Nachtvolk“.

Man behalf sich mit güldenen Schellen und einem Metallrohr, das wie eine Stafette übergeben wurde. Ansonsten hielt man sich vollständi­g und ohne Kürzungen an den hochkomisc­hen Text. Statt eines Regiekonze­pts gab es eine abwechslun­gsreiche „szenische Einrichtun­g“von Calle Fuhr – und wundersame­s Schauspiel­ertheater mit bloß drei Sesseln als Requisiten: Das halbe Volkstheat­er-Ensemble wirkte mit, es lernte sogar die absurd verdrehten Schwab-Sätze auswendig, trieb also enormen Aufwand. Direktorin Anna Bodora ist gut beraten, diese lustvoll-spritzigen 75 Minuten in ihr Programm aufzunehme­n.

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