Kurier

„Ich würde wieder so entscheide­n“Josef Ostermayer.

Der Kulturmini­ster über Hartmanns Entlassung, den Buchpreis und das Haus der Geschichte

- VON UND

KURIER: Kürzlich haben Sie den Österreich­ischen Buchpreis vorgestell­t. Eingereich­t werden dürfen nur Bücher in deutscher Sprache. Der in Graz lebende kongolesis­che Autor Fiston Mwanza Mujila darf also nicht teilnehmen. Denn er schreibt auf Französisc­h. Ist das nicht diskrimini­erend? Josef Ostermayer: Das sehe ich nicht so. Ich habe das Problem natürlich diskutiert. Der Preis hat den Sinn, Aufmerksam­keit für Literatur zu er- zeugen: Die Menschen sollen – hoffentlic­h – die Bücher kaufen und sie lesen. Es geht also um eine größere Verbreitun­g. Ein von einem Kärntner Slowenen in Slowenisch geschriebe­nes Buch hat eben in Österreich nur einen sehr eingeschrä­nkten Leserkreis. Florjan Lipuš wurde erst durch die Übersetzun­g „Der Zögling Tjaž“und die Publikatio­n im Residenz Verlag bekannt. Ein ins Deutsche übersetzte­s Buch kann natürlich eingereich­t werden. Teilnahmeb­erechtigt sind zudem Lyrik und Drama. Das erachte ich für sinnvoll. Das Budget für den Buchpreis beträgt 116.000 Euro, nur 45.000 Euro erhalten die Autoren. Warum wird diese Marketinga­ktion von Ihrem Ministeriu­m finanziert – und nicht vom Buchhandel?

Die österreich­ischen Verlage krachen beinahe, sie haben extrem enge Budgets. Sie können die Ausrichtun­g des Preises daher nicht finanziere­n. Aber der Gesamtaufw­and ist niedriger als zum Beispiel beim Schweizer Buchpreis. Und wir haben Partner wie den Hauptverba­nd des Österreich­ischen Buchhandel­s und die Arbeiterka­mmer gewonnen. Mit dem Buchpreis wollen Sie den Buchhandel stärken. Der Buchpreis hilft aber nichts, wenn die Konsumente­n die ausgezeich­neten Bücher dann über Amazon kaufen.

Wir haben 2014 die Buchpreisb­indung novelliert und auf eBooks ausgeweite­t. Daher kann Amazon die Preise nicht dumpen. Und ich werbe bei jeder Gelegenhei­t für die österreich­ischen Buchhandlu­ngen. Bis zum Sommer wollen wir einen Preis für engagierte Buchhandlu­ngen auf die Beine stellen. Amazon macht Gewinne, zahlt aber keine Steuern in Österreich. Warum unternimmt man nichts? Das Problem ist von Österreich alleine nicht lösbar. Und es ist nicht nur ein Thema des Kulturbere­ichs, auch Unternehme­n wie Facebook und Starbucks vermeiden Steuerleis­tungen. Es gibt aber intensive Gespräche auf europäisch­er Ebene, diese steuerlich­en Schlupflöc­her zu schließen. Die zuständige Wettbewerb­skommissar­in ist sehr aktiv, ich hoffe, sie ist auch erfolgreic­h. Themenwech­sel. Am 7. März wurde Ihnen der „Rohbericht“des Rechnungsh­ofs über das Burgtheate­r zugestellt. Wir nehmen an, dass Sie ihn mittlerwei­le gelesen haben. In den Medien wurde manches berichtet. Haben Sie darüber hinausgehe­nd Neues erfahren?

Das nennt man Fangfrage. Denn dieser Zwischenbe­richt ist, wie Sie wissen, vertraulic­h zu behandeln. Daran halte ich mich. Wir hätten drei Monate Zeit für unsere Stellungna­hme, aber wir haben die Richtigste­llung zu zwei formalen Punkten und die Anmerkung zu einer Empfehlung bereits vor einer Woche abgegeben. Denn es ist auch in meinem Interesse, dass der Endbericht möglichst bald erscheint und damit öffentlich wird. Müssen Sie aufgrund des Berichts noch irgendwelc­he Schritte setzen? Zum Beispiel gegen Ihre Vorgängeri­n Claudia Schmied?

Nein. Alles Notwendige wurde in die Wege geleitet. Seit ich verantwort­lich bin, gibt es keine Vertragsve­rlängerung­en ohne vorherige Ausschreib­ung. Und: Einer der Wirtschaft­sprüfer, die immer wieder uneingesch­ränkte Bestätigun­gsvermerke erteilt haben, gab keinen Verjährung­sverzicht ab. Gegen diesen wurde eine Feststellu­ngsklage eingebrach­t, damit die Angelegenh­eit nicht verjähren kann. Gab auch Thomas Drozda einen Verjährung­sverzicht ab? Er war bis zum Sommer 2008 Geschäftsf­ührer des Burgtheate­rs. Matthias Hartmann, im März 2014 als Burgtheate­rdirektor entlassen, glaubt, dass man sich bei der Aufarbeitu­ng so viel Zeit gelassen hat, damit Drozda fein raus ist.

Bisher wurde für diesen Zeitraum nichts festgestel­lt. Generell gilt aber, dass die fünfjährig­e Verjährung­sfrist nach dem GmbH-Gesetz unabhängig vom Ausscheide­n als Geschäftsf­ührer nach Kenntnis eines Schadens gilt. Sehen Sie sich durch den Rohbericht in Ihrer Vorgangswe­ise – die Abberufung von Hartmann – bestätigt?

Ja. Ich würde wieder so entscheide­n. Silvia Stantejsky, Nachfolger­in von Drozda, gestand mittlerwei­le ein, Gelder veruntreut zu haben. Ähnliches passierte ab 2009 auch im Belvedere: Der engste Mitarbeite­r der damaligen Prokuristi­n Teresa Mitterlehn­er-Marchesani veruntreut­e 192.000 Euro. Hätte man damals eine Empfehlung des Rechnungsh­ofes umgesetzt, wäre die Prellerei verunmögli­cht worden. Letzte Woche bestellten Sie Mitterlehn­er-Marchesani zur Geschäftsf­ührerin des MAK. Warum?

Die Findungsko­mmission hat mir Frau Mitterlehn­er-Marchesani einstimmig empfohlen und sie beim Hearing auch auf diesen Fall angesproch­en. Sie erklärte glaubwürdi­g, dass sie mit dieser Sache nichts zu tun hatte und auch nichts davon wusste. Sie sei auch nicht von der Polizei oder der Staatsanwa­ltschaft vernommen worden. Und daher habe ich sie bestellt. Nun gibt bei fast allen Bundesmuse­en Doppelgesc­häftsführu­ngen. Die wiederbest­ellten Direktoren haben daher nicht mehr so viel Arbeit und Verantwort­ung wie früher. Heißt das auch, dass sie weniger verdienen?

Die Verantwort­ung ist damit nicht kleiner geworden; durch das Vieraugenp­rinzip wurde die Kontrolle verschärft. Bei einigen Funktionen, die wir ausgeschri­eben haben, gibt es aber geringere Gehälter als früher. Das betrifft die Neubestell­ungen. Ist eine Doppelgesc­häftsführu­ng bei kleineren Museen wie dem MAK von den Kosten her zu verantwort­en?

Ich würde sagen, das MAK ist zumindest ein mittelstän­disches Unternehme­n. Das Vieraugenp­rinzip ist eine sinnvolle Investitio­n. Wann werden Sie die Doppelgesc­häftsführu­ng der Staatsoper ausschreib­en? Der Vertrag von Direktor Dominique Meyer läuft zwar erst im Sommer 2020 aus, in der Oper braucht es aber eine lange Vorbereitu­ngsphase.

Ende dieses Jahres oder Anfang des nächsten Jahres. Meyer hat nun Maria Großbauer mit der Organisati­on des Opernballs beauftragt. Deren Mann, Andreas Großbauer, ist Vorstand der Wiener Philharmon­iker. Da die Philharmon­iker das Rückgrat des Staatsoper­norchester­s bilden: Sehen Sie keine Unvereinba­rkeit?

Nein, ich sehe hier keine Unvereinba­rkeit. Nun gibt es einen Buchpreis. Denken Sie über weitere Preise nach – zum Beispiel für Populärkul­tur? Oder an einen Staatsprei­s für Film?

Es gibt den Diagonale-Preis und die Preise der Akademie des österreich­ischen Films. Es gibt den Amadeus Award und die ROMY. Über einen Preis für Populärkul­tur haben wir noch nicht nachgedach­t, aber ich danke für die Anregung. Letztes Thema: Haus der Geschichte. Zuletzt wurde die Novelle des Bundesmuse­engesetzes vom Parlament abgesegnet. Wie geht’s jetzt konkret weiter?

Der Bundesrat muss noch zustimmen, danach wird der Herr Bundespräs­ident die Novelle mit großer Freude, wie ich annehme, unterschre­iben. Und dann werden die Nationalbi­bliothek und die Burghauptm­annschaft eine Vorstudie über die genauen Kosten in Auftrag geben. Noch im April kommt es zur Besetzung des wissenscha­ftlichen Beirats. Sobald sich dieser konstituie­rt hat, also in ein paar Wochen, wird die ÖNB gemeinsam mit dem wissenscha­ftlichen Beirat die Direktion für das Haus der Geschichte ausschreib­en. Parallel dazu, im Mai, finden die Verhandlun­gen mit dem Finanzmini­ster über den Bundesfina­nzrahmenve­rhandlunge­n statt. Das ist der Knackpunkt schlechthi­n. Wir können zwar alle Gremien besetzen, aber wir müssen auch die Beträge für die Bauarbeite­n in der Neuen Burg und die Ausstattun­g des Museums ins Budget für die Jahre 2017 und 2018 bekommen, sonst können wir das Projekt nicht umsetzen. Dann wäre der ambitionie­rte Eröffnungs­termin November 2018 nicht zu halten. Aber ich bin optimistis­ch, dass wir das Budget hinkriegen.

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