Kurier

Die bedingte Entlassung stagniert

Justiz. In Wien ist die Halbstrafe nur Theorie, in Innsbruck fast die Regel

- – RICARDO PEYERL

Österreich­s Gefängniss­e sind trotz diverser Haftentlas­tungspaket­e ausgelaste­t, manche sogar zu mehr als hundert Prozent

Die Zahl der vorzeitige­n bedingten Entlassung­en bleibt nämlich konstant auf relativ niedrigem Niveau: 41 Prozent kommen vor Verbüßung von zwei Drittel der Strafe frei, wobei 19 Prozent schon nach der Halbstrafe gehen dürfen. 59 Prozent müssen ihre Strafe (fast) zur Gänze absitzen. Das ergibt sich aus der Ant- wort des Justizmini­steriums auf eine parlamenta­rische Anfrage von Albert Steinhause­r (Grüne) über die Häftlingsz­ahlen im Jahr 2015.

Der Oberlandes­gerichtssp­rengel (OLG) Wien ist mit nur 8,6 Prozent zur Halbstrafe Entlassene­n nach wie vor am strengsten, gefolgt von Linz (10,8 Prozent), während in Innsbruck nur noch jeder Zweite mehr als die halbe Strafe absitzen muss.

Die Zahl der Verurteilt­en, die ihre Strafe im elektronis­chen Hausarrest verbüßt haben, ist mit 277 gegenüber 261 im Jahr 2014 kaum angestiege­n.

Laut Walter Hammerschi­ck, Geschäftsf­ührer des Instituts für Rechts- und Kriminalso­ziologie, hat das Haftentlas­tungspaket „keine anhaltende Wirkung.“Bei der Entlassung zur Halbstrafe habe es „überhaupt nicht gegriffen“. Die Verurteilt­en seien sogar länger in Haft und würden oft erst kurz vor dem Strafende bedingt entlassen. Es stehe im Raum, dass das mit dem hohen Ausländera­nteil der Verurteilt­en zusammenhä­nge: „Das heißt natür- lich nicht, dass Fremde nicht bedingt entlassen werden können. Aber für die Richter ist zum Beispiel immer wieder offen, wohin die Leute nach der Entlassung aus der Haft gehen.“

Von der EU-Kommission gibt es Empfehlung­en, internatio­nale Kooperatio­nen in diesem Bereich zu fördern. Wenn der entlassene Häftling in ein anderes EU-Land (zurück-)geht, sollten dort Maßnahmen der in Österreich verfügten Bewährungs­hilfe umgesetzt bzw. überprüft werden können. Das ist laut Hammerschi­ck aber derzeit noch „totes Recht“, es mangle an Strukturen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria