Die bedingte Entlassung stagniert
Justiz. In Wien ist die Halbstrafe nur Theorie, in Innsbruck fast die Regel
Österreichs Gefängnisse sind trotz diverser Haftentlastungspakete ausgelastet, manche sogar zu mehr als hundert Prozent
Die Zahl der vorzeitigen bedingten Entlassungen bleibt nämlich konstant auf relativ niedrigem Niveau: 41 Prozent kommen vor Verbüßung von zwei Drittel der Strafe frei, wobei 19 Prozent schon nach der Halbstrafe gehen dürfen. 59 Prozent müssen ihre Strafe (fast) zur Gänze absitzen. Das ergibt sich aus der Ant- wort des Justizministeriums auf eine parlamentarische Anfrage von Albert Steinhauser (Grüne) über die Häftlingszahlen im Jahr 2015.
Der Oberlandesgerichtssprengel (OLG) Wien ist mit nur 8,6 Prozent zur Halbstrafe Entlassenen nach wie vor am strengsten, gefolgt von Linz (10,8 Prozent), während in Innsbruck nur noch jeder Zweite mehr als die halbe Strafe absitzen muss.
Die Zahl der Verurteilten, die ihre Strafe im elektronischen Hausarrest verbüßt haben, ist mit 277 gegenüber 261 im Jahr 2014 kaum angestiegen.
Laut Walter Hammerschick, Geschäftsführer des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie, hat das Haftentlastungspaket „keine anhaltende Wirkung.“Bei der Entlassung zur Halbstrafe habe es „überhaupt nicht gegriffen“. Die Verurteilten seien sogar länger in Haft und würden oft erst kurz vor dem Strafende bedingt entlassen. Es stehe im Raum, dass das mit dem hohen Ausländeranteil der Verurteilten zusammenhänge: „Das heißt natür- lich nicht, dass Fremde nicht bedingt entlassen werden können. Aber für die Richter ist zum Beispiel immer wieder offen, wohin die Leute nach der Entlassung aus der Haft gehen.“
Von der EU-Kommission gibt es Empfehlungen, internationale Kooperationen in diesem Bereich zu fördern. Wenn der entlassene Häftling in ein anderes EU-Land (zurück-)geht, sollten dort Maßnahmen der in Österreich verfügten Bewährungshilfe umgesetzt bzw. überprüft werden können. Das ist laut Hammerschick aber derzeit noch „totes Recht“, es mangle an Strukturen.