Neulinge punkten im Hofburg-Wahlkampf
Griss & Hofer schlugen sich im Fernsehen gut, Khol & Hundstorfer starten Aufholjagd
Jene beiden Kandidaten, die dem breiten Publikum bisher weitgehend unbekannt waren, haben am meisten gepunktet: Norbert Hofer und Irmgard Griss wurden von den Zusehern der ersten Elefantenrunde im Fernsehen als am überzeugendsten bewertet. 26 Prozent gaben an, Hofer habe sie am meisten überzeugt, 24 Prozent nannten Griss. Das war die große Überraschung zum Start des TV-Wahlkampfes am Sonntagabend auf Puls4.
Sind die beiden erfolgreichen Neueinsteiger in der TVArena damit auch schon als neue Top-Favoriten für die Präsidentenwahl gesetzt?
OGM-Chef Wolfgang Bachmayer, der für Puls4 live die Stimmungslage der fast 400.000 Zuseher erhob, mahnt zur Vorsicht.Trotz der Umfrage sei keinesfalls gesichert, dass Griss und Hofer bei der Wahl am 24. April auch vorne liegen werden – und damit in die Stichwahl am 22. Mai kommen. Nicht nur, weil bis zur Wahl noch viel passieren kann. Vor allem Hofer dürfe sich nicht in Sicherheit wiegen, warnt Bachmayer. Zwar liege die FPÖ in Umfragen „zum Teil deutlich über 30 Prozent, aber die FPÖ-Wähler gehen signifikant weniger zur Bundespräsidentenwahl als die Anhänger der Regierungsparteien.“Viele Blaue würden das Präsidentenamt für unwichtig halten und für dessen Abschaffung plädieren.
Das bisher beste Ergebnis eines FPÖ-Kandidaten hat Wilfried Gredler bei der Bun- despräsidentenwahl 1980 mit 17 Prozent erzielt. Heide Schmidt und zuletzt Barbara Rosenkranz lagen darunter. Unter 20 Prozent könnte auch Hofer landen, wenn der FPÖ die Mobilisierung nicht gelingt, sagt Bachmayer.
Koalition unten durch
Warum kam gerade Norbert Hofer, der ruhige FPÖ-Mann, am Sonntag so gut an? Und warum konnte Ex-Höchstrichterin Irmgard Griss besser als Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen, SPÖ-Mann Rudolf Hundstorfer oder ÖVPPräsidentschaftsanwärter Andreas Khol punkten?
Hundstorfer und Khol hätten „den Nachteil, dass sie Vertreter der Regierungsparteien sind“, analysiert der Experte. Es gebe in der Bevölkerung eine große Unzufriedenheit mit der Koalition.
Khol hat zusätzlich das Problem, dass ihm Griss zusetzt. Fast ein Drittel der ÖVPAnhänger unter den Zuschauern befand laut OGM, Griss habe sich bei der TV-Debatte am besten präsentiert.
Hofer hat den Vorteil, einer Oppositionspartei anzugehören, und ihm seien die Themen zupass gekommen. „Er vertritt in der Flüchtlingsfrage oder beim Thema Türkei Haltungen, die in der Bevölkerung mehrheitsfähig sind. Es gibt eine zunehmende, sich verfestigende Mehrheit, die skeptisch ist, was Zuwanderung betrifft“, erklärt der Meinungsforscher. Hofer habe seine Positionen aber auch „TV- und publikumsgerecht vermittelt – hart in der Sache, aber verbindlich in der Form“.
Lockere Griss
Womit hat Griss die Zuschauer für sich gewinnen können?
Anfangs sei die ehemalige Richterin „ein bisschen zu juristisch“aufgetreten, urteilt Bachmayer. „Das geht beim breiten Publikum nicht unter die Haut. In der Endphase ist sie lockerer und emotionaler geworden.“Vor allem bei der Frage, wer Österreich international gut vertreten könnte, schnitt Griss gut ab. Das sei wohl u.a. darauf zurückzuführen, dass Griss ihre Haltung zu TTIP in fließendem Englisch erläutern konnte – im Gegensatz zu manch anderem Kandidaten.