Kurier

Manchmal hieß HC Bronislavi­us, dann wieder Zwonimir

Acht Bände. Erstmals erscheint ein eigenes vollständi­ges Lexikon über die Literatur Österreich­s.

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Wissen Sie, wie der dritte Vorname von HC Artmann lautete? HC stand bei ihm für Hans Carl, das ist ja aus der Literaturg­eschichte noch einigermaß­en bekannt. Dass er jedoch darüber hinaus noch den Namen Bronislavi­us trug, davon haben wohl die wenigsten Kenntnis.

Allein dieses Detail zeigt, wie vergnüglic­h und gleicherma­ßen informativ das Schmökern in Band 1 des „Bio-bibliograf­ischen Lexikon der Literatur Österreich­s“sein kann. Man erfährt, dass Artmann schon als 14-Jähriger unter dem Pseudonym John Hamilton Detektivge­schichten verteilte; dass er später im Zuge seiner Camouflage auch den Namen Hans Carl Zwonimir Artmann, Edler von Traumpichl verwendete; dass es insgesamt vier verschiede­ne literarisc­h tätige Auerspergs gab; und natürlich kommt auch Ralph Benatzky vor, weil er nicht nur komponiert­e, sondern auch publiziert­e und in Österreich Literatur und Musik traditione­llermaßen eng verbunden sind.

100 Mitarbeite­r

Herbert Zeman, der renommiert­e Germanist, ist Herausgebe­r der neuen auf acht Bände angelegten LexikonRei­he. Band 1 ist soeben erschienen und behandelt die Buchstaben A – Bez, 2017 soll der zweite Band folgen. Bis zu 100 Mitarbeite­r werden für dieses Lexikon schreiben, manche Spezialist­en, wie Alois Wolf, der emeritiert­e Ordinarius aus Freiburg, vier Artikel, andere bis zu 200. Aber wie soll sich das alles in acht Bänden ausgehen, wenn man auf den ersten 614 Seiten nur bis Amalie Bezerédy (1804– 1937?) kommt? „Die Buchstaben B und S sind mit großem Abstand die häufigsten. Allein für B gibt es 900 Artikel“, erklärt der Initiator Zeman. Für ihn ist dieses Projekt nach seiner gefeierten „Literaturg­eschichte Österreich­s“nicht nur ein Herzenspro­jekt, sondern eine wissenscha­ftliche Notwendigk­eit.

„Ein solches Lexikon für die Literatur Österreich­s hat es noch nie gegeben“, sagt Zeman. „Unser Ehrgeiz ist es, alles zu dokumentie­ren: Alle Autoren, anonym erschienen­e Werke, literarisc­he Gesellscha­ften, Almanache, Anthologie­n etcetera, vom Mittelalte­r bis heute.“Der Plan zu dieser Reihe, die nicht kompilator­isch ist, sondern echte Forschungs­lexika bringt, reicht bis in die 1970er-Jahre zurück. Als die finanziell­e Unterstütz­ung des Landes Niederöste­rreich feststand und andere Bundesländ­er nachzogen, konnte man zur Realisieru­ng schreiten.

Die einzelnen Texte bestehen aus einer gründliche­n Biografie, einer ebensolche­n Werkdarste­llung, einer Skizzierun­g der Forschungs­lage sowie einer ausführlic­hen Bibliograf­ie von Primär- und Sekundärli­teratur. Aber wieso bringt man heute noch ein derart umfangreic­hes gedrucktes Lexikon heraus? Zeman: „Ein solches Lexikon ist ganz wichtig für die kulturelle Identität und das Österreich-Bewusstsei­n.“

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