„Unternehmertum ist nichts Böses“
Start Up Campus. A1 gibt jungen Firmen Starthilfe – diese fordern von der Politik bessere Rahmenbedingungen
Gut ein Jahr nach dem offiziellen Start des A1 Start Up Campus haben die Projektverantwortlichen erste Bilanz gezogen. A1 freut sich über die ersten, teils internationalen Erfolge der jungen Firmen. Die Start-ups loben die Möglichkeiten, die sich durch die bereitgestellte Infrastruktur und Unterstützung ergeben. „Konzernen wird eine gewisse Langsamkeit nachgesagt. Was man dabei vergisst – in den einzelnen Abteilungen sitzen oft Topleute, die ihrerseits selber wie Start-ups agieren“, sieht Parkbob-CEO Christian Adelsberger viele Berührungspunkte. Die Macher hinter der App, die das Finden von freien Parkplätzen in der Stadt erleichtert, aber auch vor Parkverboten warnt, sind bereits das zweite Jahr am Campus.
Konzern als Türöffner
„Das ist natürlich was anderes, wenn man quasi das Gütesiegel von A1 in der eMailSignatur hat“, sagt RevalCEO Philipp Hain, der eine Crowdinvesting-Plattform für Immobilienprojekte auf die Beine stellen will. „Wir konnten in den vergangenen Wochen mit Vorständen praktisch jedes Bauträgers und Projektentwicklers persönlich sprechen. Als kleines Start-up kommt man da sonst einfach nicht hin.“
Im Start-up-Hub sind neben Parkbob und Reval auch der KURIER-Registrierkassen-Testsieger Ready2Order und HolidaysonWheels vertreten, das sich auf barrierefreie Urlaubsdestinationen spezialisiert hat. „Kapazitätsmäßig sind wir langsam am Limit. Angedacht ist, die Fläche zu verdoppeln und weitere Start-ups auf den Campus zu holen“, sagt Mario Mayerthaler, Leiter des A1 Start Up Campus. „Die Auswahl der richtigen Start-ups ist enorm wichtig. Dabei muss nicht nur die Idee, sondern auch die Chemie im Team stimmen. Wenn die Rollenverteilung unklar ist oder das Team mit dem ausgeprägten Geltungsdrang eines Einzelnen kämpft, wird das Start-up die schweren Phasen, die bei jeder Unternehmensgründung auftreten, nicht überleben“, ist Mayerthaler überzeugt.
Damit Wien sich noch stärker als Start-up-Zentrum etabliere, seien neben A1 auch andere große Konzerne gefordert. „Die müssen sich definitiv stärker engagieren“, richtete Mayerthaler ei- nen Appell an die Branche. Vorstellbar und wünschenswert sei diesbezüglich auch, dass Wien wie andere große Städte endlich auch einen großen konzern- und branchenübergreifenden Startup-Hub bekomme.
Kritik an den gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Standortpolitik übten praktisch alle Start-upVertreter. „Wien hat sich als Start-up-Standort super entwickelt. Wir brauchen aber viel mehr, um mit London oder Paris mithalten zu können. Alles ist überreguliert. An den Universitäten werden Leute weit weg von den Bedürfnissen von Firmen ausgebildet, anstatt zu vermitteln, dass unternehmerisches Denken nichts Böses oder Anrüchiges sein muss. Und auch die Rot-Weiß-RotKarte, um talentierte Leute aus dem Ausland anzulocken, ist viel zu kompliziert“, kritisiert Adelsberger von parkbob. Für eine Kultur des Ausprobierens plädiert Reval-CEO Hain: „Wer eine Firma gründet, muss eine Portion Leichtsinn und Naivität mitbringen und auch bewusst das Risiko in Kauf nehmen, scheitern zu können.“
Start-up-Hoffnung Kern
„Dass Kanzler Kern das Thema zur Chefsache erklärt hat und mit Staatssekretär Mahrer einen Verbündeten hat, ist definitiv eine positive Entwicklung. Bundeskanzler Faymann hatte für Start-ups ja gar nichts übrig, das war eher katastrophal“, rechnet Ready2order-CEO Bernhart mit Kerns Vorgänger ab. HolidaysonWheels-CEO Anges Fojan beurteilt Kerns Ansagen vorsichtiger: „Das war ein Zugeständnis an die Start-upBranche, aber warten wir mal ab, was konkret passiert.“