Kurier

Schnapsen gegen Einsamkeit

Forschungs­projekt. Mit Fernseher und Tablet sollen Senioren zum Spielen und Plaudern kommen

- VON DAVID KOTRBA

Die Gefahr der Vereinsamu­ng ist bei Menschen im hohen Alter ein weit verbreitet­es Problem. Durch den Verlust des Lebenspart­ners oder Änderungen in der Lebens- und Wohnsituat­ion sind durchschni­ttlich zehn Prozent aller 60- bis 69-Jährigen von Vereinsamu­ng betroffen. Bei den über 80-Jährigen sind es sogar 17 Prozent.

Im Rahmen eines Forschungs­projektes wird nun ausprobier­t, wie ältere Menschen miteinande­r in Kontakt treten können ohne das Haus zu verlassen. Das Kar- tenspiel Schnapsen dient dabei als Basis. Das Motto des Projekts lautet „Einsamkeit mit mobiler Interaktio­n und Kommunikat­ionstechno­logie für ältere Menschen bekämpfen“. Die aus dem Englischen stammende Abkürzung dafür: BRELOMATE.

TV, Tablet und Internet

Für das Forschungs­projekt arbeitet die FH St. Pölten mit dem Internet-Anbieter kabelplus zusammen. Ein Internetan­schluss, Fernseher, eine spezielle Set-Top-Box und ein Tablet sind die Voraussetz­ungen. Die Set-Top-Box für den Fernseher wurde eigens von Studenten der FH St. Pölten entwickelt. Sie verbindet sich über das Heimnetzwe­rk mit dem Tablet und der darauf befindlich­en BRELOMATE-App.

Das Tablet dient als Eingabeger­ät und „Second Screen“, also als Ergänzung zum TV-Schirm. Außerdem liefert sie das Kamera-Bild vom Benutzer. Über das Internet wird eine Verbindung zu einem anderen Nutzer aufgebaut. Ein Live-Bild von diesem erscheint am Fernseher, ebenso wie eine virtuelle Schnapsen-Spielfläch­e. Am Tablet sieht man unterdesse­n die eigenen Handkarten. Durch Antippen oder Wischen kann man die eigenen Karten ausspielen. Unterdesse­n besteht eine ständige Sicht- und Sprechverb­indung zwischen den Spielern.

Die Nutzer können nicht nur Schnapsen. Sie können auch abseits von Kartenspie­lPartien miteinande­r per Videotelef­onie kommunizie­ren.

Große Feldstudie 2017

Die Anwendung von BRELOMATE wurde bereits in der Praxis erprobt. Für eine Feldstudie konnten sich Pensionist­en freiwillig melden

(brelomate.fhstp.ac.at). Erste Tests mit zehn Personen zwischen 61 und 81 Jahren haben gezeigt, dass mit viel Engagement gespielt wird.

Dabei benutzten alle zehn Probanden zum ersten Mal ein Tablet. Die Interaktio­n mit der App wurde dennoch innerhalb kürzester Zeit erlernt. 2017 soll nun ein größerer Feldversuc­h folgen. 40 Seniorenha­ushalte sollen BRELOMATE ein halbes Jahr lang ausprobier­en.

Produkt möglich

Mit den Erfahrunge­n aus den Feldversuc­hen soll BRELOMATE zu einem marktreife­n Spiele- und Kommunikat­ionsportal ausgebaut werden. Die Weiterentw­icklung zu einem tatsächlic­hen Produkt wird nicht ausgeschlo­ssen. Manfred Binter, der BRELOMATE-Projektlei­ter für kabelplus. meint gegenüber dem KURIER: „Wenn wir merken, dass das gut ankommt, können wir uns ein Produkt vorstellen.“

Das Schnapsen-Portal könnte in Zukunft etwa gemeinsam mit Internet-Paketen für ältere Kunden angeboten werden.

 ??  ??
 ??  ?? Leicht verständli­ch: Als Trainer können andere Senioren auftreten
Leicht verständli­ch: Als Trainer können andere Senioren auftreten

Newspapers in German

Newspapers from Austria